Parlament: TOP im Nationalrat am 17. April 2024

Leerstandsabgabe, Handwerkerbonus, Lehramtsstudien, Psychotherapieausbildung, Geschwindigkeitsbeschränkungen

Wien (PK)- Die restlichen Teile des von der Regierung geschnürten Bau- und Wohnpakets stehen im Mittelpunt der Nationalratssitzung am 17. April. Dazu werden die Abgeordneten unter anderem über die Wiederauflage des Handwerkerbonus beraten. Zudem soll den Ländern die Einhebung von Leerstandsabgaben erleichtert werden. Zu den weiteren Gesetzesvorhaben zählen eine Neukonzeption der Lehramtsstudien, eine Novelle zum Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz sowie die Neuregelung der Psychotherapieausbildung mit 500 Studienplätzen an öffentlichen Universitäten. Gemeinden sollen mehr Möglichkeiten für Geschwindigkeitsbeschränkungen im Ortsgebiet erhalten.

Neben der Kompetenzverschiebung der Digitalisierungsagenden ins Bundeskanzleramt zu Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm liegen den Abgeordneten mehrere internationale Abkommen zur Ratifizierung vor. Auch der LGBTIQ-Gesundheitsbericht und Entschließungen wie etwa zur Situation sogenannter “Care-Leaver”, zur Weiterentwicklung der Tourismusforschung und zur internationalen Regulierung KI-gestützter Waffensysteme stehen zur Debatte.

AKTUELLE STUNDE

Die Sitzung startet um 9.00 Uhr mit einer Aktuellen Stunde. Das Thema wählt die ÖVP.

EINHEBUNG EINER LEERSTANDSABGABE SOLL ERLEICHTERT WERDEN

Eine von den Koalitionsparteien vorgelegte Verfassungsnovelle zielt darauf ab, den Ländern die Einhebung von Leerstandsabgaben zu erleichtern. Sie sollen künftig über Art und Umfang einer derartigen Abgabe oder ähnlicher öffentlicher Abgaben “zum Zweck der Vermeidung der Nicht- oder Mindernutzung” von Wohnungen selbst entscheiden können. Dabei geht es etwa auch um Zweitwohnsitze. Ziel von ÖVP und Grünen ist es, mehr Wohnungen auf den Markt zu bringen.

Das Vorhaben fand im Verfassungsausschuss auch die Zustimmung der SPÖ. Damit dürfte die im Plenum nötige Zweidrittelmehrheit sichergestellt sein. FPÖ und NEOS zeigten sich hingegen skeptisch. Sie sehen Leerstandsabgaben als eine Art Vermögensteuer. Zudem bezweifeln die NEOS, dass hohe Leerstands- und Zweitwohnsitzabgaben verfassungskonform wären.

Ergänzend zur Verfassungsnovelle soll auf Initiative von ÖVP, SPÖ und Grünen das Finanzausgleichsgesetz geändert werden. Mit der Aufnahme von “Abgaben auf Wohnungsleerstände” in den Katalog der ausschließlichen Landes- bzw. Gemeindeabgaben will man sicherstellen, dass die Länder auch dann zur Einhebung solcher Abgaben ermächtigt sind, wenn der Bund eine gleichartige Abgabe vom selben Besteuerungsgegenstand einheben sollte.

KOMPETENZVERSCHIEBUNG BEI DEN DIGITALISIERUNGSAGENDEN

Anfang März hat Bundeskanzler Karl Nehammer angekündigt, die Digitalisierungsagenden nach dem Ausscheiden von Staatssekretär Florian Tursky aus der Regierung an Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm zu übertragen. Dafür ist allerdings eine Änderung des Bundesministeriengesetzes nötig, die dem Nationalrat nun zur Beschlussfassung vorliegt. Demnach sollen die Kompetenzen für den Digitalisierungsbereich mit Wirksamkeit vom 1. Mai 2024 vom Finanzministerium in das Bundeskanzleramt verschoben werden. Dazu gehören etwa die allgemeine Digitalisierungsstrategie, Angelegenheiten des E-Governments, das elektronische Bürgerinformationssystem und das Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS). Lediglich die Zuständigkeit für das Bundesrechenzentrum soll beim Finanzministerium verbleiben.

Im Verfassungsausschuss äußerte die SPÖ die Befürchtung, dass der Digitalisierungsbereich an Stellenwert verlieren könnte, weil es künftig kein eigenes Staatssekretariat mehr dafür gibt. Auch die FPÖ stimmte gegen das Vorhaben. Konsens gab es hingegen über einen weiteren Passus, der erst im Ausschuss in die Gesetzesnovelle eingebaut wurde: Er verpflichtet die jeweils zuständigen Regierungsmitglieder künftig dazu, im Bundesgesetzblatt zu verlautbaren, ab welchem Zeitpunkt ein ihnen zugeordneter Staatssekretär bzw. eine ihnen zugeordnete Staatssekretärin mit welchem Aufgabenbereich betraut wurde. Das soll für mehr Transparenz sorgen.

EU-JAHRESVORSCHAU AUSSENPOLITIK

In einem Bericht über aktuelle EU-Vorhaben im Bereich der Außenpolitik, über die auf Wunsch der SPÖ auch der Nationalrat diskutieren wird, informiert Außenminister Alexander Schallenberg unter anderem darüber, dass sich Österreich bislang mit 153,5 Mio. € an den EU-Hilfen für die Ukraine beteiligt hat, bei einem Gesamtvolumen der Europäischen Friedensfazilität (EFF) von 5,5 Mrd. €. Heuer wird der österreichische Beitragsschlüssel von 2,79 % auf 2,87 % erhöht. Auch die Russland-Sanktionen, die Lage im Nahen Osten, die Herausforderungen im Migrationsbereich, das Bekenntnis Österreichs zur Erweiterung der EU um die Westbalkanstaaten, die Klimakrise und viele weitere Themen werden im Bericht angesprochen.

ÄNDERUNGEN IM OPEC-AMTSSITZABKOMMEN

Mit einem im Außenpolitischen Ausschuss einstimmig angenommenen Änderungsprotokoll zum OPEC-Amtssitzabkommen soll die Organisation erdölexportierender Länder völkerrechtlich dazu verpflichtet werden, für ihre etwa 150.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Rechtsschutzmechanismus für arbeitsrechtliche Streitigkeiten zu implementieren, der im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ist. Zudem muss sich die OPEC künftig vor österreichischen Gerichten verantworten, wenn an sie eine zivilrechtliche Schadenersatzklage durch Dritte wegen eines Verkehrsunfalls mit einem der OPEC zuzurechnenden Fahrzeuge ergeht. Abgesehen davon bleibt die Immunität der internationalen Organisation in Bezug auf die österreichische Gerichtsbarkeit aber bestehen.

Angestoßen wurden die Änderungen im OPEC-Amtssitzübereinkommen durch ein im Jahr 2022 ergangenes Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs. Anlass dafür war die Beschwerde eines ehemaligen Angestellten, der sich aufgrund der der OPEC gewährten Immunität nicht an das Arbeitsgericht wenden konnte, ohne dass es einen alternativen Rechtschutz gegeben hätte.

ALLPARTEIENANTRAG ZUR REGULIERUNG KI-GESTÜTZTER WAFFENSYSTEME

Mit einem Allparteien-Entschließungsantrag betreffend KI-gestützte Waffensysteme verweisen die fünf Fraktionen auf Warnungen von Expert:innen, die die zunehmende Automatisierung von Waffensystemen, das Risiko des Verlusts der menschlichen Kontrolle darüber und die Verbreitung von Waffen mit autonomen Funktionen als äußerst gefährliche Entwicklungen einstufen. Es könne etwa zu unbeabsichtigten Konflikt-Eskalationen kommen, so die Befürchtung. Hinzu kämen Gefahren durch die Unvorhersehbarkeit im Verhalten von KI-gestützten Waffen und mögliche Fehler der Systeme. Es dürfe aus rechtlichen, humanitären und ethischen Gründen nicht möglich sein, die Entscheidung über Leben und Tod ohne ausreichende menschliche Kontrolle Algorithmen zu überlassen. Aus diesem Grund brauche es eine internationale Regulierung von autonomen Waffen, die klare Verbote für Waffensysteme vorsieht, die nicht im Einklang mit internationalem Recht wie dem humanitären Völkerrecht sowie ethischen Grundsätzen stehen und unter ausreichender menschlicher Kontrolle eingesetzt werden können, sind sich die Parlamentsparteien einig.

BEITRITT ZUM INTERNATIONALEN IMPFSTOFFINSTITUT

In der Regierungsvorlage für Österreichs Beitritt zum Internationalen Impfstoffinstitut (IVI) heißt es, man sehe Österreichs Teilnahme an einem globalen Netzwerk wie dem IVI als Vorteil bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten und von zukünftigen Pandemien. Das Internationale Impfstoffinstitut mit Hauptsitz im südkoreanischen Seoul und europäischen Dependancen in Stockholm und Wien wurde 1997 auf Betreiben der UNO zum Zweck der Verbesserung der weltweiten öffentlichen Gesundheit gegründet. Österreichs jährlicher Mitgliedsbeitrag an das IVI beträgt laut Regierung voraussichtlich rund 800.000 €, wobei die Ministerien für Forschung und für Gesundheit je die Hälfte tragen sollen. Das Außenministerium zahlt die Miete für das Wiener IVI-Büro von 60.000 € pro Jahr. Die Vorlage passierte mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS den Außenpolitischen Ausschuss.

MEHR MÖGLICHKEITEN ZUR VERORDNUNG VON GESCHWINDIGKEITSBESCHRÄNKUNGEN IM ORTSGEBIET

Mit der von ÖVP und Grünen vorgelegten 35. StVO-Novelle soll es Gemeinden erleichtert werden, Tempo-30-Beschränkungen vor Schulen, Kindergärten, Seniorenheimen, Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen zu verordnen. Außerdem erhalten sie die Möglichkeit, punktuelle Geschwindigkeitsmessungen im Ortsgebiet mittels Radarboxen oder anderen automationsgestützten Geräten durchzuführen, um die Durchsetzung von Geschwindigkeitsbeschränkungen zu sichern. Um den Zufluss zu stark befahrenen Straßen besser zu regeln, wird es künftig überdies möglich sein, auf das Grünblinken der Ampel an bestimmten Kreuzungen oder Zufahren zu verzichten. Auch Erleichterungen für Straßenerhalter bei der Abwicklung von Tagesbaustellen und zahlreiche weitere Detailpunkte enthält das Paket.

Im Verkehrsausschuss erhielt der Gesetzesantrag lediglich die Zustimmung der Koalitionsparteien. Für SPÖ und NEOS gehen die Änderungen zwar in die richtige Richtung, sie befürchten aber einen nach wie vor zu hohen Verwaltungsaufwand für die Gemeinden bei der Verordnung von Geschwindigkeitsbeschränkungen. Die FPÖ sieht nur einzelne positive Punkte – etwa die Gleichstellung von Rettungsfahrzeugen mit anderen Einsatzfahrzeugen – und kritisiert unter anderem, dass die Regelung der Radarkontrollen Spielraum für “Autofahrerabzocke” lasse.

WIEDERAUFLAGE DES HANDWERKERBONUS

Als Teil des aktuellen Bau- und Wohnpakets der Bundesregierung soll der Handwerkerbonus für die Jahre 2024 und 2025 wiederaufgelegt werden. Der entsprechende Initiativantrag der Koalitionsparteien kommt aufgrund einer Fristsetzung direkt ins Plenum. Im Rahmen des Handwerkerbonus sollen Arbeitsleistungen von Handwerksfachbetrieben für den privaten Wohn- und Lebensbereich im Inland pro Jahr mit 20 % bis zu 2.000 € (von Kosten bis maximal 10.000 €) unterstützt werden. Insgesamt werden für 2024 und 2025 dafür 300 Mio. € zur Verfügung gestellt. Pro Kalenderjahr kann maximal ein Förderantrag gestellt werden und die förderbaren Kosten müssen mindestens 500 € betragen. Der für die Anerkennung zulässige Leistungszeitraum der Handwerkerleistungen soll rückwirkend mit 1. März 2024 und bis 31. Dezember 2025 festgelegt werden. Das Ansinnen dahinter ist, mit dem Handwerkerbonus die Wirtschaftsleistung der Bauwirtschaft zu stärken, die Beschäftigung in der Bauwirtschaft zu fördern und wachstums- und konjunkturbelebende Impulse zu setzen.

NOVELLE ZUM LOHN- UND SOZIALDUMPING-BEKÄMPFUNGSGESETZ

Mit einer Novelle zum Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz wollen ÖVP und Grüne Kritik an einer nicht EU-konformen Ausgestaltung einzelner gesetzlicher Bestimmungen Rechnung tragen und Problemen in der Praxis bei der Eintreibung von Strafen im Ausland begegnen. Insbesondere geht es dabei um eine EU-Richtlinie betreffend grenzüberschreitende Transporte im Straßenverkehr und damit verbundene Entsendungen von Berufskraftfahrer:innen, die Österreich im Jahr 2022 umgesetzt hat.

Im Sinne einer EU-konformen Ausgestaltung werden etwa die Bestimmungen über die Meldung von Entsendungen sowie über die vor Ort zuständige Ansprechperson für Kontrollbehörden nachgebessert. Außerdem sollen Strafbescheide künftig zunächst wieder per Post und erst im Falle einer erfolglosen herkömmlichen Zustellung über das als Schnittstelle eingerichtete Binnenmarkt-Informationssystem (IMI) zugestellt werden. Für die Anforderung von Unterlagen werden auch alternative Übermittlungswege ermöglicht.

Im Sozialausschuss warf die Opposition der Regierung Untätigkeit im Kampf gegen Sozialbetrug und Scheinfirmen vor. So vermisst die SPÖ in der Novelle etwa eine deutliche Erhöhung des Strafrahmens. Die FPÖ stimmte den vorgesehenen technischen Anpassungen dennoch zu. Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher machte im Ausschuss geltend, dass eine vor einiger Zeit beschlossene größere Reform bereits zu deutlich mehr Effizienz geführt habe.

TOURISMUSFORSCHUNG IN ÖSTERREICH

Einstimmig hat sich der Tourismusausschuss für die Sichtbarmachung und Vernetzung der Tourismusforschung in Österreich ausgesprochen. Eine entsprechende gemeinsame Initiative von ÖVP, Grünen und SPÖ zielt außerdem auf einen Projektfahrplan für ein mögliches künftiges Kompetenzzentrum für Tourismusforschung ab. Tourismusforschung konzentriere sich entweder auf globale Phänomene oder auf ganz bestimmte Regionen. Zu einem ganzheitlichen Blick würde aber neben einer “Forschungslandkarte” etwa ein Überblick über aktuelle Forschungstrends und ein Ideen- und Wissensaustausch in Form von Studienaufträgen, Netzwerkveranstaltungen, Webangeboten und Online-Plattformen beitragen. Darauf aufbauend sollten dem Antrag zufolge weitere ressourceneffiziente Handlungsoptionen dargestellt werden.

SOZIALABKOMMEN ZWISCHEN ÖSTERREICH UND JAPAN

Wie mit vielen anderen Ländern hat Österreich auch mit Japan ein Abkommen über soziale Sicherheit geschlossen, das dem Parlament nun zur Ratifizierung vorliegt. Vorrangiges Ziel des Staatsvertrags ist es, Personen, die sowohl in Österreich als auch in Japan erwerbstätig waren, bei der Gewährung von Pensionsleistungen mit anderen Pensionsbezieher:innen gleichzustellen. Zudem sollen Doppelversicherungen für grenzüberschreitend tätige Personen im Bereich der Pensionsversicherung vermieden werden. Anders als in anderen Sozialabkommen ist bei entsendeten Beschäftigten weiterhin eine doppelte Krankenversicherung vorgesehen. Im Sozialausschuss stimmten alle Fraktionen für das Abkommen.

KLEINERE ÄNDERUNGEN IM SOZIALVERSICHERUNGSRECHT

Mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS hat eine von den Regierungsparteien beantragte Sammelnovelle mit kleineren Änderungen im Sozialversicherungsrecht den Sozialausschuss passiert. Mit dem Gesetzespaket sollen etwa Adaptierungen beim Rehabilitationsgeld vorgenommen und verschiedene ältere Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs – etwa zur Sozialversicherungsreform – in das ASVG und andere Sozialversicherungsgesetze eingearbeitet werden. Zudem ist geplant, Währungsschwankungen künftig zeitnäher zu berücksichtigen, wobei Beträge in Fremdwährungen laut Erläuterungen etwa bei Sozialversicherungsleistungen wie der Ausgleichszulage oder bei der Ermittlung des Krankenversicherungsbeitrags eine Rolle spielen.

Konkret soll es künftig beispielsweise nicht mehr möglich sein, gleichzeitig eine Pension und Rehabilitationsgeld zu beziehen. Kurzfristig wurde in das Paket außerdem eine Bestimmung eingebaut, wonach für steuerfreie Zuschüsse des Dienstgebers für Privatfahrten von Dienstnehmer:innen im Rahmen von Carsharing von bis zu 200 € jährlich auch keine Sozialversicherungsbeiträge zu leisten sind, wobei das nur emissionsfreie Kraftfahrzeuge betrifft.

Im Ausschuss kritisierte die Opposition – unabhängig vom Inhalt – einhellig, dass die Sammelnovelle keiner Begutachtung unterzogen wurde. Die SPÖ ortet außerdem noch Probleme bei der Wechselwirkung von Rehabilitationsgeld, Pensionsbezug und Arbeitsrecht und forderte weitere Klarstellungen bis zum Beschluss des Entwurfs im Plenum.

STUDIE ZUR SITUATION SOGENANNTER “CARE-LEAVER”

In Form einer Entschließung wollen die Abgeordneten die Bundesregierung ersuchen, eine Studie zur Situation sogenannter “Care-Leaver” zu erstellen. Dabei handelt es sich um junge Menschen, die einen Teil ihres Lebens in öffentlicher Betreuung – zum Beispiel in Wohngruppen der Kinder- und Jugendhilfe oder in Pflegefamilien – verbracht haben und sich am Übergang in ein eigenständiges Leben befinden. Insbesondere interessiert die Abgeordneten, wie die Weiterführung der Betreuung nach dem 18. Lebensjahr in den einzelnen Bundesländern gehandhabt wird – diese kann auf freiwilliger Basis gewährt werden – und mit welchen Problemen Care-Leaver im Allgemeinen konfrontiert sind, etwa was den Zugang zu Sozialleistungen, Gesundheitsleistungen und Wohnraum betrifft.

Basis für die im Sozialausschuss einstimmig angenommene Entschließung bildet ein SPÖ-Antrag, der durch einen gemeinsamen Abänderungsantrag von SPÖ, ÖVP und Grünen adaptiert wurde.

500 STUDIENPLÄTZE FÜR PSYCHOTHERAPIEAUSBILDUNG

Fast 34 Jahre nach Inkrafttreten des ersten Psychotherapiegesetzes soll die Ausbildung zum Psychotherapeuten bzw. zur Psychotherapeutin nun akademisiert und auf völlig neue Beine gestellt werden. Vorgesehen ist die Einrichtung eines zweijährigen Masterstudiengangs mit insgesamt 500 Studienplätzen ab dem Jahr 2026, wobei nicht nur Universitäten, sondern auch Fachhochschulen eine entsprechende Ausbildung anbieten können, wenn die Träger die entsprechenden Kosten übernehmen. Zulassungsvoraussetzung für das neue Masterstudium wird ein fachlich einschlägiges Bachelorstudium bzw. die Berechtigung zur Ausübung bestimmter Berufe sein, wobei die Liste neben Psychologie und Medizin u.a. auch soziale Arbeit, Musiktherapie, Medizinisch-Technische Dienste, diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegeberufe und Hebammen umfasst. Als dritter Ausbildungsteil werden in der Regierungsvorlage eine postgraduelle Fachausbildung bei anerkannten psychotherapeutischen Fachgesellschaften und einschlägige Praktika mit Patientenkontakt vorgeschlagen.

Im Gesundheitsausschuss erhielt das neue Psychotherapiegesetz 2024 die Zustimmung von ÖVP, FPÖ, Grünen und NEOS, wobei die Regierungsfraktionen von einer längst überfälligen Neuregelung und einem wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der psychosozialen Versorgung der Bevölkerung sprachen. Die SPÖ kritisierte dagegen die Beschränkung der Zahl an Studienplätzen sowie die für den dritten Ausbildungsteil noch immer anfallenden Kosten, die sie auf 10.000 € bis 20.000 € schätzt.

Mit dem Beschluss des Gesetzes sind zwei Entschließungsanträge der FPÖ bzw. der NEOS miterledigt, die zum einen auf eine Vereinheitlichung und Akademisierung der Psychotherapieausbildung abzielen und zum anderen die Verankerung von Musiktherapie in Krankenhäusern betreffen. Laut Gesundheitsminister Johannes Rauch obliegt die Frage der Musiktherapie den Spitalserhaltern, wobei er auf zusätzliche Budgetmittel für die Länder infolge des Finanzausgleichs verwies.

LGBTIQ-GESUNDHEITSBERICHT 2022

Auf Wunsch der Grünen wird das Plenum über den im Gesundheitsausschuss mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS zur Kenntnis genommenen LGBTIQ-Gesundheitsbericht beraten. Für den Bericht wurde im Auftrag des Gesundheitsministeriums eine Umfrage unter lesbischen, schwulen, bisexuellen, queeren, trans- und intergeschlechtlichen Personen durchgeführt, um einen ersten Überblick über die gesundheitliche Situation von LGBTIQ-Personen zu gewinnen. Dabei kam auch ein hohes Maß an Alltagsdiskriminierung mit negativen Auswirkungen sowohl auf die psychische als auch auf die physische Gesundheit der betreffenden Personengruppen zu Tage. Zwar gaben rund 60 % der 1.047 Befragten an, mit ihrem allgemeinen Gesundheitszustand zufrieden zu sein, viele würden jedoch unter Depressionen leiden bzw. haben daran gelitten. Besonders rund um ein Coming-out ist die psychische Belastung demnach groß und wird durch Diskriminierungserfahrungen verstärkt. Auch von Stigmatisierungen und Demütigungen durch Gesundheitspersonal – etwa durch unangebrachte Kommentare – sowie von aufgeschobenen medizinischen Behandlungen zur Änderung des Geschlechts wegen der bestehenden Überlastung des Gesundheitssystems wurde berichtet.

Laut Gesundheitsminister Rauch will das Gesundheitsministerium auf den Bericht unter anderem mit Sensibilisierungsprogrammen reagieren. SPÖ und NEOS begrüßten den Bericht zwar, orten aber einige Lücken und hinterfragten die Datenqualität. ÖVP und FPÖ plädierten dafür, wieder einen umfassenden Gesundheitsbericht unter Einbeziehung aller Fokusgruppen vorzulegen.

NEUKONZEPTION VON LEHRAMTSSTUDIEN

Als Teil eines Maßnahmenpakets zur Weiterentwicklung der Pädagog:innenausbildung soll eine Strukturänderung der Lehramtsstudien erfolgen. Ein zentraler Punkt ist die Anpassung der Ausbildung von Lehrer:innen an das Bologna-Modell. Das Bachelorstudium soll damit drei, das Masterstudium zwei Jahre dauern. Für die Primarstufe soll das ab 2025/26, für das Lehramtsstudium der Sekundarstufe ab 2026/27 gelten. Für Lehrer:innen der Sekundarstufe bedeutet das eine Verkürzung des Studiums um ein Jahr. Auf Grundlage dieser gesetzlichen Änderungen müssen alle Curricula für die Lehramtsstudien neu konzipiert und qualitätsgesichert werden.

Im Rahmen der Bestimmungen über die Zulassung zu Universitäten sind auch Regelungen für besonders stark nachgefragte Masterstudien vorgesehen. Zur Sicherung der tierärztlichen, insbesondere der amtstierärztlichen Versorgung in Österreich und der Sicherstellung der Aufgaben der Veterinär- und Lebensmittelkontrolle sollen bei Vorliegen einer Mangelsituation Bewerber:innen bevorzugt behandelt werden, die sich nachweislich zu einer im öffentlichen Interesse liegenden Tätigkeit gegenüber einer staatlichen Einrichtung verpflichten. Weitere Neuerungen der Novelle betreffen die hochschulische Weiterbildung, die Qualitätssicherung und die wissenschaftliche Praxis. Auch die Vorbereitungen auf Leistungsvereinbarungsverhandlungen mit den Universitäten sowie die Erstellung der universitären Entwicklungspläne sollen genauer geregelt werden. ÖVP und Grüne brachten im Ausschuss zudem einen Abänderungsantrag ein, der die Zahl der 500 Studienplätze für Psychotherapieausbildung im Universitätsgesetz verankert.

Der Wissenschaftsausschuss hat sich mit den Stimmen von ÖVP und Grünen für das Paket ausgesprochen. Skeptisch zeigten sich die Oppositionsfraktionen und pochten etwa auf eine Attraktivierung des Lehrberufs. (Schluss TOP im Nationalrat) gs/mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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