SPÖ und Top-Ökonom*innen fordern faire Steuern in Österreich und Europa

Regner: „Ungleichgewicht zwischen Arm und Reich Gift für Demokratie“ – Vermögenssteuern in Österreich und EU einführen – Babler: „Ungerechtigkeiten im Steuersystem beseitigen“

Die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments Evelyn Regner hat heute, Mittwoch, zu einer gemeinsamen Pressekonferenz mit SPÖ-Vorsitzendem Andreas Babler, der Ökonomin Isabella Weber und dem Direktor des EU Tax Observatory Gabriel Zucman geladen. Das Thema der Pressekonferenz im Haus der Europäischen Union in Wien war „Demokratie braucht Gerechtigkeit – Konzepte für faire Steuern in Österreich und Europa“. Regner betonte, dass das globale Ungleichgewicht zwischen Arm und Reich wächst. „Österreich ist eines von drei Ländern der Eurozone, in denen die reichsten fünf Prozent mehr Nettovermögen besitzen als die weniger wohlhabende Hälfte der Bevölkerung. Für die breite Mittelschicht geht sich vieles nicht mehr aus – und Superreiche fliegen ins Weltall. Hier muss die Politik einschreiten, denn dieses Ungleichgewicht ist Gift für die Demokratie“, so Regner. „Die einzige Antwort darauf muss lauten: gerechte Besteuerung! Nur so können sich Staaten Investitionen für Bildung, Gesundheit und die Bekämpfung der Klimakrise leisten.“ SPÖ-Chef Andreas Babler betonte, dass „die Beseitigung der Ungerechtigkeiten im Steuersystem eine wichtige demokratiepolitische Frage“ ist. Denn es sei unmoralisch, wenn notwendige Mittel für die Stärkung des Gesundheitssystems oder der Kinderbetreuung nicht vorhanden sind. ****

„Wer Steuergerechtigkeit will, muss EU sagen!“, so Regner, die auf vom Europäischen Parlament bereits erreichte Maßnahmen verwies, etwa die öffentliche länderweise Konzernberichterstattung und die globale Mindestkörperschaftsteuer. „Aber das reicht nicht, denn große Vermögen bleiben außen vor“, so die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, die die Europäische Bürgerinitiative „Einführung einer Vermögenssteuer zur Finanzierung des ökologischen und sozialen Wandels“ unterstützt. Mittelfristig brauche es eine höhere Besteuerung von Vermögen und Erbschaften in Österreich – das SPÖ-Modell dazu liegt auf dem Tisch. „Langfristig brauchen wir eine EU-Vermögenssteuer als zusätzlichen Baustein der EU-Eigenmittel“, so Regner. „Dieser Auftrag wird auch klar von der Wissenschaft an die Politik herangetragen“, so Regner, die Mitglied für die sozialdemokratische S&D-Fraktion im Unterausschuss für Steuerfragen ist.

„Österreich ist eines der Länder mit der niedrigsten Vermögensbesteuerung. Gleichzeitig ist der Faktor Arbeit übermäßig besteuert“, zitierte Babler Studien der EU-Kommission und der OECD. „Die fünf reichsten Familien in Österreich besitzen so viel wie die ärmsten 50 Prozent. Das sind Verhältnisse wie in der Monarchie“, sagte der SPÖ-Chef, der mit Verweis auf veröffentlichte Chats unterstrich, dass der Eindruck entstehe, Superreiche können es sich in Österreich richten: „Niemand versteht diese Ungleichbehandlung.“

Um die Ungerechtigkeiten im Steuersystem zu beseitigen, forderte Babler die Einführung gerechter Millionärssteuern. Betroffen von den Millionärssteuern, die den „unmoralischen Vermögenszuwachs begrenzen“, sind nur die reichsten zwei Prozent in Österreich – 98 Prozent der Menschen profitieren, sagte Babler. „Gerechte Millionärssteuern bringen 5 Mrd. Euro im Jahr, um die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern“, so Babler, der das Geld in die soziale und ökologische Umgestaltung der Wirtschaft, die Stärkung des Gesundheitssystems durch eine Termingarantie beim Arzt und einen Rechtsanspruch auf einen kostenfreien Kinderbetreuungsplatz investieren will.

Die Ökonomin Isabella Weber befasste sich mit der wachsenden Ungleichheit im Kontext der Inflation. „Die Inflation ist nicht Schnee von gestern“, sagte Weber, die betonte, dass die Teuerung Auswirkungen auf die Lebenssituation der Menschen, etwa die Ernährungssicherheit, aber auch auf das Wirtschaftswachstum habe. Ausgelöst wurde die Inflation durch „massive Schocks auf essenzielle Sektoren“, die zu Rekordgewinnen etwa bei Energieversorgern und später im Bankenbereich geführt haben. Weber warnte angesichts gesunkener Reallöhne vor einer „Umverteilung von unten nach oben“. Um auf weitere Schocks vorbereitet zu sein, brauche es einen „Katastrophenschutz“, so Weber, die sich für eine gerechte Besteuerung von großen Vermögen und Konzernen, Übergewinnsteuern, die sofort greifen, sowie bessere Daten zu Profiten aussprach.

Der Direktor des EU Tax Observatory Gabriel Zucman betonte bei der Pressekonferenz, dass Steuergerechtigkeit ein wichtiger Schlüssel für demokratische Gesellschaften ist. „Unsere Steuersysteme bekommen Ungleichheit aber nicht in den Griff“, so Zucman. In Ländern wie Frankreich oder Italien zahlen alle sozialen Gruppen hohe Steuern, etwa 40 bis 50 Prozent, Superreiche zahlen nur rund 15 Prozent. „Wir brauchen eine international koordinierte Mindeststeuer für Superreiche“, so der Wirtschaftswissenschafter. Das sei auch möglich, verwies Zucman auf die Mindeststeuer für multinationale Unternehmen. Sein konkreter Vorschlag: „Milliardäre sollen zwei Prozent ihres Vermögens als Steuern abliefern. Es gibt 3.000 Dollar-Milliardäre weltweit, diese moderate Steuer würde 250 Mrd. Dollar einbringen.“ Das internationale Verständnis für diese Notwendigkeit steige zurzeit, so stehe das Thema Steuergerechtigkeit erstmals auf der Agenda der G20 und eine Reihe von Ländern von Frankreich bis Südafrika unterstützen das Anliegen. „Für Österreich ist es wichtig, diese Initiative zu unterstützen.“ Zucman betont, dass diese Mindeststeuer für Milliardäre ein erster Schritt ist, „Ungleichheit zu eliminieren, die ansonsten eine Gefahr für die Demokratie ist“. (Schluss) bj/ls/mb

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