80 Jahre Wannseekonferenz: ORF-Premiere für Matti Geschonnecks Historienfilm mit Philipp Hochmair und Simon Schwarz

Im Rahmen eines Themenabends am 24. Jänner um 20.15 Uhr in ORF 2, danach: „Universum History: Die Wannseekonferenz – Die Dokumentation“

Wien (OTS) – 20. Jänner 1942: In einer Villa am Großen Wannsee in Berlin treffen sich 15 Männer, hochrangige Mitglieder NS-Verwaltung. Sie planen die Deportation und Ermordung von Millionen Jüdinnen und Juden aus Europa. Es geht bei diesem Geheimtreffen um die Umsetzung einer Entscheidung, die von politischen Vertretern des NS-Regimes bereits zuvor getroffen wurde: die euphemistisch betitelte „Endlösung der Judenfrage“, den millionenfachen Mord.

Im Rahmen des ORF-2-Themenabends „80 Jahre Wannseekonferenz“ zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust am 27. Jänner 2022 (Details unter presse.ORF.at) steht am Montag, dem 24. Jänner, zunächst um 20.15 Uhr die ORF-Premiere von Matti Geschonnecks Fernsehfilm „Die Wannseekonferenz“ auf dem Programm und zeichnet anhand von Adolf Eichmanns Besprechungsprotokollen die Debatte in all ihrer Unmenschlichkeit und Härte nach. Hochkarätig besetzt mit Philipp Hochmair und Simon Schwarz verkörpern Johannes Allmayer, Maximilian Brückner, Matthias Bundschuh, Fabian Busch, Jakob Diehl, Godehard Giese, Peter Jordan, Arnd Klawitter, Frederic Linkemann, Thomas Loibl, Sascha Nathan, Markus Schleinzer, Rafael Stachowiak und Lilli Fichtner die weiteren Teilnehmer der Konferenz. Geschonneck setzte die historische Besprechung am Wannsee nach einem Drehbuch von Magnus Vattrodt und Paul Mommertz teils am Originalschauplatz eindrucksvoll in Szene. Mit „Die Wannseekonferenz – Die Dokumentation“ folgt um 22.35 Uhr eine neue „Universum History“-Ausgabe von Jörg Müllner.

„Die Wannseekonferenz“ – 20.15 Uhr, ORF 2

Regisseur Matti Geschonneck über die Bedeutung des Films: „Mir ging es um die Vermittlung dieses unvorstellbaren und ungeheuerlichen Vorgangs. Es ging auf der Konferenz um die Planung und technisch-organisatorische, effiziente Umsetzung von Massenmord, von Massenmord an elf Millionen Menschen, elf Millionen Juden. Es ging um Völkermord. Das ist gewiss in seiner Art ein singulärer Vorgang in der Geschichte. Das war mal Gegenwart und vor gar nicht so langer Zeit. Und dessen sollten wir uns bewusst sein. Das war mal ein Heute.“ Und weiter über die Herausforderung: „Das Finden einer diesem unvorstellbaren Vorhaben entsprechenden richtigen Tonlage – denn die Tonlage ist ja für mich auch das Entscheidende für den Charakter eines Films –, das zu finden war schon kompliziert. Natürlich die Verantwortung, diese Herausforderung, sich diesem Thema zu stellen, war schon eine besondere. Darum hat es auch sehr lange gedauert, mich zu entscheiden, ob ich es mache. Ob es nun der schwerste Film war? Es war ein besonderer Film für mich – natürlich.“

Philipp Hochmair über die Annäherung an seine Rolle: „Ich habe über Wochen viele Dokumentationen angeschaut, um die Täterperspektive verstehen und als Schauspieler einnehmen zu können. Verstehen heißt aber in dem Fall ganz klar nicht verzeihen! Rein schauspielerisch gesehen habe ich versucht, mich in die 30er Jahre zu versetzen. (…) Wie konnte es passieren, dass humanistisch gebildete Menschen wie Heydrich andere Menschen systematisch ausrotten wollten?“ Und weiter über die herausfordernden Dreharbeiten: „Es wurde zu einer psychischen Belastung, diese abartige menschenverachtende Sprache zu lernen und so zu verkörpern, als wären das meine persönlichen Gedanken. Zwei Monate Textlernen, zwei Monate Dreharbeiten und zwei Monate, um das alles wieder aus dem Kopf rauszubekommen. Das habe ich so noch nie erlebt.“

Simon Schwarz über seine Beweggründe, die Rolle (Martin Luther) anzunehmen: „Die Idee, die Wannsee-Konferenz als Kammerspiel umzusetzen, fand ich schon sehr besonders. Die Dialoge fast ausschließlich auf die Texte während der Konferenz zu reduzieren, um noch enger und gnadenloser an der Geschichte teilnehmen zu können – das war es, was mich von Beginn an gepackt und gleichzeitig geschüttelt hat.“ Und weiter über die Herausforderungen beim Dreh:
„Die Dreharbeiten waren eine sehr intensive Zeit, und ich weiß noch, dass ich vor allem nachts viel damit zu kämpfen hatte. Auf der anderen Seite erachte ich es als äußerst notwendig, alles gegen das Vergessen zu tun, damit auch die jüngere Generation eine gewisse Sensibilität entwickeln kann, um rechtsradikale Bewegungen zu erkennen.“

Mehr zum Inhalt:

Berlin, 20. Jänner 1942: Unter der Leitung des Chefs des Reichssicherheitshauptamts Reinhard Heydrich (Philipp Hochmair) treffen in einer gut beheizten Villa am Wannsee 15 führende Vertreter des NS-Regimes zusammen: SS, Reichskanzlei, Ministerien, Polizei, Verwaltung. Die Entrechtung, Verfolgung und Ermordung jüdischer Mitmenschen ist zu diesem Zeitpunkt bereits viel geübte, unmenschliche Praxis. Nun soll besprochen werden, wie der Genozid an der jüdischen Bevölkerung bürokratisch organisiert und von den rivalisierenden staatlichen Instanzen im Detail umgesetzt werden soll. Der Film folgt dabei dem von Adolf Eichmann gezeichneten Besprechungsprotokoll, von dem nur ein Exemplar erhalten ist und das als Schlüsseldokument der Judenvernichtung gilt.

„Die Wannseekonferenz“ ist eine Produktion der Constantin Television in Koproduktion mit dem ZDF in Zusammenarbeit mit dem ORF, gefördert vom FilmFernsehFonds Bayern (FFF Bayern) und dem Medienboard Berlin-Brandenburg (MBB).

Universum History: „Die Wannseekonferenz – Die Dokumentation“ (22.35 Uhr, ORF 2)

Von dem Geheimtreffen am Wannsee gab es ursprünglich 30 Exemplare des Protokolls – nur eines hat den Krieg überstanden. Es ist von zentraler Bedeutung, denn es offenbart, wie offen und deutlich über den geplanten Mord an Millionen in der Teilnehmerrunde gesprochen wurde. Das historisch einmalige Dokument wird heute – gut gesichert – in Berlin verwahrt und gehört zu einer Akte mit der Überschrift „Endlösung der Judenfrage“. Sie enthält rund 300 Dokumente zur sogenannten „Juden-Politik“ zwischen 1939 und 1943. Das Protokoll galt als „Geheime Reichssache“ – die höchste Geheimhaltungsstufe im NS-Staat.

Die Einladung zur Besprechung am Wannsee kam von Reinhard Heydrich, Chef des Reichssicherheitshauptamtes in Berlin, der zentralen Verfolgungs- und Vernichtungsbehörde des NS-Regimes. Die Teilnehmer der Sitzung am Wannsee gehörten verschiedenen Ämtern und Ministerien an, auch wichtige Vertreter der SS und Polizei waren geladen. Ein hochrangiges Gremium zwar, aber eine so weitreichende Entscheidung wie die millionenfache Ermordung der europäischen Juden hätten diese 15 Männer nicht treffen können. Der Beschluss war längst an höherer Stelle gefasst worden: „Wenn es dem internationalen Finanzjudentum in- und außerhalb Europas gelingen sollte, die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen, dann würde das Ergebnis nicht die Bolschewisierung der Erde und damit der Sieg des Judentums sein, sondern die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa“, hatte Hitler schon in einer Rede am 30. Jänner 1939 gesagt. Der systematische Mord an den Juden begann mit dem Einmarsch der NS-Truppen in die Sowjetunion im Juni 1941. Im Rücken der Wehrmacht folgten Spezialeinheiten der SS und der Polizei, mobile Einsatzkräfte – die sogenannten „Einsatzgruppen“. Sie begannen damit, systematisch Juden zu erschießen. Im Herbst 1941 begannen die großen Deportationen aus dem Deutschen Reich, vor allem in Ghettos und Konzentrationslager „im Osten“.

Die Villa am Wannsee ist heute eine Gedenk- und Bildungsstätte. Dort erinnert man an die Sitzung vom 20. Januar 1942, bei der der Mord an elf Millionen Menschen besprochen wurde. In der Dokumentation „Die Wannseekonferenz“ kommen renommierte Historikerinnen und Historiker wie Barbara Schieb, Peter Klein oder Götz Aly zu Wort, die den Rassenwahn in NS-Deutschland und den Holocaust untersucht und in zahlreichen Publikationen dargestellt und analysiert haben.

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