Innenausschuss debattiert Sicherheitsbericht 2020 und EU-Vorhaben im Sicherheitsbereich

Karner: Bleiburg-Gedenkfeiern mit Ustascha-Bezug werden künftig untersagt

Wien (PK) – Mehrere Berichte zu Themen der inneren Sicherheit behandelte der Innenausschuss in seiner heutigen Sitzung. Einen Überblick über die Entwicklung der Kriminalität gibt der jährliche Sicherheitsbericht, der von Innenminister Gerhard Karner und Justizministerin Alma Zadić präsentiert wurde. Die Zahlen zeigen einen Rückgang in vielen Kategorien von Straftaten, aber auch einen Anstieg bei häuslicher Gewalt im Pandemiejahr. Ein Antrag der FPÖ, die Vorlage des Sicherheitsberichts zu beschleunigen, wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

Eine Entschließung des Nationalrats gab den Anstoß zur Evaluierung des Ustascha-Bezuges und eines damit gegebenen Grundes zum Verbot der jährlichen Gedenkfeier am Loibacher Feld bei Bleiburg. Der Bericht, der zum Schluss kommt, dass eindeutige Verbotsgründe gegeben sind, wurde einstimmig zur Kenntnis genommen und wird im Nationalratsplenum weiter diskutiert werden.

Aufgrund einer Entschließung des Nationalrats hat das Innenministerium eine Evaluierung der Asyl- und Fremdenrechtsstatistik des BMI vorgenommen und sein Berichtswesen entsprechend angepasst. Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

Innenminister Karner berichtete auch über die Vorhaben der EU-Kommission und der Ratsvorsitze für 2022. Hier erfolgte die Kenntnisnahme mit Mehrheit, ohne die Stimmen der FPÖ.

Sicherheitsbericht 2020: Anstieg bei häuslicher Gewalt und Cyberkriminalität

In ihren einleitenden Statements zum Sicherheitsbericht 2020 (III-593 d.B.) betonten sowohl Innenminister Karner als auch Justizministerin Zadić, dass ihre Ressorts bemüht seien, den Sicherheitsbericht 2021 rasch vorzulegen. Zadić wies darauf hin, dass der Bericht über die Tätigkeit der Strafjustiz einige Neuerungen enthalte, etwa was die Angaben zu den Bereichen Terrorismus, Gewalt im häuslichen Bereich und Datenauswertungen betreffe, um dem Gesetzgeber die Möglichkeit zu geben, legistische Maßnahmen anhand einer guten Datengrundlage zu treffen. Zadić kündigte auch an, dass Angaben zum Bereich der Korruptionsbekämpfung in den Bericht ihres Ressorts einfließen werden, um gesetzgeberische Maßnahmen mit Daten zu untermauern.

Der Bericht für 2020, auch wenn er nicht mehr ganz aktuell sei, zeige einige interessante Tendenzen auf, meinte Innenminister Karner in seinen einleitenden Ausführungen. Im Berichtsjahr seien in Österreich 433.811 Straftaten angezeigt worden, um 55.101 (11,3%) weniger als 2019. Die Aufklärungsquote sei hingegen gestiegen, sie lag bei 54,2%. Wie schon in den vorangegangenen Jahren war 2020 die Zahl klassischer Eigentumsdelikte wie Wohnungseinbrüche, Taschendiebstahl oder Autodiebstahl deutlich rückläufig. Im Zehn-Jahres-Vergleich wurde damit der niedrigste Wert an gemeldeten Straftaten verzeichnet, führte Karner aus. Die Zahl der Morde sank von 65 auf 43, bei einer Aufklärungsquote von 93%.

Einen Anstieg zu 2019 habe es 2020 jedoch in den Bereichen der Schlepperei, der Wirtschafts-, Internet- und Suchtmittelkriminalität sowie bei Gewalt in der Privatsphäre gegeben. Aufgrund neuer Herausforderungen wie Cyberkriminalität betonte Innenminister Gerhard Karner die Bedeutung der laufenden Organisationsentwicklung in seinem Haus. Mit 1.922 neuen PolizistInnen habe das Innenressort 2020 im Verhältnis zu den Abgängen einen Zuwachs der Exekutive um 849 Bedienstete verzeichnen können.

In diesem Punkt hakte Maximilian Köllner (SPÖ) mit der Feststellung nach, dass nach wie vor Polizeidienststellen unterbesetzt seien und die Zahl der geleisteten Überstunden nicht sinke. Auch zeige sich, dass viele Polizeiausbildungen wieder abgebrochen würden, was sich auch auf die Lösung der Personalsituation negativ auswirke.

Innenminister Karner betonte, man unternehme große Anstrengungen, um die Ausbildung attraktiver zu machen, was aus seiner persönlichen Wahrnehmung nach auch gelinge. Die Zahl der Überstunden sei nicht zuletzt aufgrund der COVID-Pandemie gestiegen, da vermehrt Einsätze bei Kundgebungen zu verzeichnen waren und die Exekutive auch zusätzliche Kontrollaufgaben wahrnehmen musste.

Auf die Frage von Abgeordneter Corinna Scharzenberger (ÖVP) zur Frage der Sicherheit von ExekutivbeamtInnen wies Innenminister Karner auf Schulungsmaßnahmen hin, in denen PolizistInnen für den Selbstschutz ausgebildet werden. Man investiere auch in verbesserte Ausrüstung und befasse sich mit der Weiterentwicklung von Einsatzstrategien, hielt der Ressortchef fest.

Abgeordnete Agnes Prammer (Grüne) wies auf den auffällig hohen Anteil von Frauen an den Mordopfern in Österreich hin. Innenminister Karner sagte, es gelte, der Prävention von Gewalt im häuslichen Umfeld mehr Augenmerk zu schenken. So zeigte sich, dass bei 176 angezeigten Mordversuchen, von denen 43 vollendet wurden, 71,7% der Getöteten in einer familiären Beziehung mit dem Täter bzw. der Täterin lebten oder mit dem Tatverdächtigen zumindest in einem Bekanntschaftsverhältnis standen. Das Büro für Kriminalprävention im Bundeskriminalamt sei seit 1. Juni 2020 speziell mit dem Themenbereich “Gewalt in der Privatsphäre” betraut. Insgesamt verfüge man unterdessen über 842 PräventionsbeamtInnen.

FPÖ-Abgeordneter Hannes Amesbauer erfuhr, dass die Suchtmittelkriminalität zurückgegangen sei. Mit einem Anteil von 9% sei der Anteil der Straftaten, die einen Konnex zu Suchtmitteln aufweisen, sehr auffällig, weshalb 2% der ExekutivbeamtInnen nur für diesen Bereich abgestellt seien. Da auch die Zahl der DrogenlenkerInnen steige, intensiviere das BMI die Schulung von Exekutivbediensteten in der Erkennung einer Drogenbeeinträchtigung und testete unter wissenschaftlicher Begleitung zusätzliche Speichelvortestgeräte.

NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper wollte wissen, ob das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) für die Erfüllung seiner Aufgaben über ausreichend Personal verfüge. Vor allem der Bereich der Prävention sei ihr ein Anliegen. Innenminister Karner teilte ihr mit, dass die Reform des BAK begonnen habe und dass auch eine Aufstockung des Personals geplant sei.

Den Bereich der zunehmenden Internetkriminalität sprach Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP) an und wollte wissen, welche Möglichkeiten zur Strafverfolgung die Justiz habe. Justizministerin Zadić sagte, die besondere Herausforderung sei hier die internationale Kooperation, um elektronische Beweismittel rasch sicherstellen zu können.

Reinhold Einwallner (SPÖ) meinte, dass es notwendig sein werde, zur Bekämpfung dieser Straftaten mehr SpezialistInnen aus dem Privatbereich zu gewinnen. Er wollte wissen, ob hier daran gedacht sei, Sonderverträge anzubieten. Innenminister Karner wies darauf hin, dass Sonderverträge die Zustimmung des Bundesministers für öffentlichen Dienst benötigen. Derzeit erarbeite man ein neues Vertragsschema, das erlauben solle, IT-ExpertInnen im Bereich der Bekämpfung der Cyberkriminalität einzusetzen.

FPÖ fordert frühere Vorlage des jährlichen Sicherheitsberichtes

In einem Antrag fordern die Freiheitlichen eine frühere Veröffentlichung des Sicherheitsberichts (2356/A). Bisher sei dieser frühestens im Herbst des Folgejahres vorgelegt worden. Dies sei dann nur mehr für HistorikerInnen interessant, aber nicht für ParlamentarierInnen, die am Puls der Zeit diskutieren, bemängelte Hannes Amesbauer (FPÖ) heute im Ausschuss. Als Grund für die späte Veröffentlichung habe der Innenminister die späte Vorlage des Kapitels über die Tätigkeit der Strafjustiz genannt, wird im Antrag angeführt. Deshalb fordert die FPÖ, diesen Teil aus dem Sicherheitsbericht herauszulösen und als eigenständigen Bericht zu führen. Der Notwendigkeit einer früheren Veröffentlichung stimmte Georg Bürstmayr (Grüne) zwar inhaltlich zu. Er begründete aber seinen Vertagungsantrag damit, dass das Sicherheitsthema eine Querschnittsmaterie sei und deswegen der Justizteil nicht aus dem Sicherheitsbericht herausgelöst werden sollte.

Expertengruppe: Gesetzeslage erlaubt Untersagung von Ustascha-Gedenkveranstaltung in Bleiburg

Aufgrund einer Entschließung des Nationalrats hat das Innenministerium eine multidisziplinäre Expertengruppe zu einer jährlich im Mai bei Bleiburg in Kärnten stattfindenden Gedenkveranstaltung eingerichtet. Die ExpertInnen haben nun einen Bericht vorgelegt, der vom Innenausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen wurde (III-491 d.B.). Bei der Veranstaltung sei es nicht nur wiederholt zu nationalsozialistischer Wiederbetätigung gekommen, halten die ExpertInnen fest. Auch aufgrund der Tatsache, dass dabei das faschistische Ustascha-Regime gewürdigt werde, sei es geboten, die Veranstaltung nach den Bestimmungen des Versammlungsgesetzes künftig zu untersagen.

Auf Nachfragen von Sabine Schatz (SPÖ) und Martin Engelberg (ÖVP) teilte Bundesminister Karner den Abgeordneten mit, dass für heuer noch keine Versammlung angemeldet worden sei. Veranstaltungen in der Art, wie sie in den Jahren 2019 und davor stattfanden, werde es in Zukunft auf keinen Fall geben. Die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt habe auch bereits veranlasst, dass ein Symbol vom Gedenkstein auf dem Loibacher Feld entfernt werde. Das kroatische Wappenschild weise in der Form, in der es dort gezeigt werde, einen klaren Bezug zum Ustascha-Regime und zum Nationalsozialismus auf und gehöre somit zu den verbotenen Symbolen. Seitens des Innenministeriums wurde ausdrücklich betont, dass das Expertengremium sich nicht gegen ein Totengedenken oder eine katholische Messe ausgesprochen habe. Vielmehr verweise es auf Beispiele für “neutrale Totengedenken”, die mit den demokratischen Grundwerten vereinbar seien, und die auch weiter stattfinden könnten.

Asylstatistik: Empfehlungen zu mehr Transparenz bereits weitgehend umgesetzt

Monatliche Zahlen zu Asylanträgen und rechtskräftigen Entscheidungen, gegliedert nach Staatsangehörigkeit, Geschlecht sowie Art der Asylentscheidung liefert das Innenministerium regelmäßig im Asylbericht an das Parlament. Infolge einer vom Nationalrat eingeforderten Evaluierung der Veröffentlichung von Asyldaten wurden vom Innenressort in wissenschaftlicher Zusammenarbeit mit der Fachhochschule St. Pölten Empfehlungen zu einer transparenteren Gestaltung des Berichtswesens erarbeitet (III-582 d.B.). Seitens des Ministeriums wurde betont, dass die meisten Empfehlungen bereits umgesetzt wurden. Zwei noch offene Punkte sollen im Laufe des heurigen Jahres berücksichtigt werden. Die Abgeordneten zeigten sich zufrieden über die Neugestaltung der Berichte. Die größere Transparenz der Datenlage werde viele parlamentarische Anfragen überflüssig machen, die bisher zur Klärung von Details der Statistik notwendig waren, zeigten sich die Abgeordneten aller Fraktionen zufrieden.

EU-Jahresvorschau 2022: Österreich unterstützt sicherheitspolitische Vorhaben der EU

Die Debatte im Innenausschuss über EU-Vorhaben, die das Innenressort betreffen (III-559 d.B.), war weitgehend von der aktuellen Lage bestimmt, die aufgrund des Krieges in der Ukraine entstanden ist. Innenminister Karner wies in seinem einleitenden Statement zu seinem Bericht darauf hin, dass diese Frage bereits das Treffen der EU-Innenminister am 27. Februar geprägt habe. Bei dem Treffen, das dem Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2022 und dem Achtzehnmonats-Programm der französischen, tschechischen und schwedischen EU-Ratsvorsitze gewidmet war, seien die InnenministerInnen in großer Einigkeit übereingekommen, eine seit langem in Vorbereitung befindliche EU-Richtlinie über den temporären Schutz von Flüchtlingen rasch umzusetzen. Dieser einzigartige Vorgang sei ein wichtiges Signal für die Bewältigung der gegenwärtigen Krise, die aufgrund des durch nichts zu rechtfertigenden Angriffs Russlands auf die Ukraine entstanden sei.

ÖVP-Abgeordnete Corinna Scharzenberger betonte die Wichtigkeit der Zusammenarbeit zur Bewältigung der Fluchtwelle aus der Ukraine. Stephanie Krisper (NEOS) forderte mehr Einsatz Österreichs für die Bewältigung der Fluchtbewegungen. Gefordert seien Luftbrücken, um Flüchtlinge in Europa besser verteilen zu können, und ein Ausbau der Kapazitäten österreichischer Grundversorgung. SPÖ-Abgeordneter Reinhold Einwallner sprach ein Hilfsersuchen der Republik Moldau an.

Innenminister Karner betonte, dass sich eine ausgesprochen hohe Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung zeige. Notwendig sei ein Schulterschluss von Ländern, Gemeinden und Hilfsorganisationen, damit der Bund seine Aufgaben weiterhin erfüllen könne. Was die Republik Moldau betreffe, so sei bereits in die Wege geleitet, dass 2000 Personen, die zu besonders vulnerablen Gruppen gehören, nach Österreich ausgeflogen werden.

Der französische und der anschließende tschechische Ratsvorsitz hätten angekündigt, in einigen wichtigen Punkten der europäischen Sicherheit einen so genannten “graduellen Ansatz” zu verfolgen, was kleinere, aber gut aufeinander abgestimmte Umsetzungsschritte bedeute. Die Ratsvorsitze wollen sich in diesem Sinne der Strategie für einen reibungslos funktionierenden und resilienten Schengen-Raum und der Änderung des Schengener Grenzkodex’ annehmen, führte Karner aus.

Die EU-Kommission plane, die Richtlinie zu den “erweiterten Fluggastdaten” und den Austausch mit Drittstaaten über Sicherheitsrisiken vorantreiben. Aus Sicht von Karner sind auch die Vorschläge der EU Kommission zur Evaluierung der Schengen-Regelungen, zur Widerstandsfähigkeit kritischer Infrastruktur, zu Verbesserungen beim Screening an den Außengrenzen und zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger zu begrüßen. In letzterem Punkt habe eine Konferenz im Februar wesentliche Ergebnisse gebracht, meinte Karner auf eine diesbezügliche Frage von Werner Gödl (ÖVP).

Auch die EU-Initiativen zur Modernisierung des Europol-Mandats, insbesondere im Kontext der Terrorismusbekämpfung, eine EU-weite Harmonisierung der Asylverfahren und der Regeln zur An- oder Aberkennung von internationalem Schutz finden die Zustimmung Österreichs, erfuhren die Abgeordneten. Kritisch sieht Österreich allerdings laut dem Innenminister die Vorschläge zu einem für Krisensituationen vorgesehenen Solidaritätsmechanismus. Auf Nachfrage von Abgeordnetem Einwallner (SPÖ) zu diesem Punkt betonte Karner, dass Österreich nicht die Solidarität ablehne, sondern im Bereich des Asyls mehr als viele andere EU-Länder leiste. Vielmehr setze man sich für ein verpflichtendes, aber flexibles Solidaritätsmodell ein, das die Möglichkeit zu Solidaritätsleistungen, wie Kapazitätsaufbau, Grenzschutz oder die Schaffung von Perspektiven vor Ort vorsehe. Kritisch positioniere sich Österreich gegenüber Bestrebungen der Kommission in Hinblick auf Resettlement-Programme. Das vom Rat der EU vorgeschlagene Migrations- und Asylpaket werde grundsätzlich begrüßt. Kritisch sehe man jedoch wiederum den Fokus auf Relokation, die Rückkehrpatenschaften und den vorgeschlagenen Solidaritätsmechanismus. (Schluss Innenausschuss) sox/pst

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