Israel-Krieg: KPÖ in Grazer Synagoge unerwünscht

Präsident der Jüdischen Gemeinde Graz lädt KPÖ-Bürgermeisterin von Gedenkfeierlichkeiten anlässlich der Novemberpogrome 1938 aus

In einem E-Mail vom heutigen Tage hat der Präsident der Jüdischen Gemeinde Graz und Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg, Elie Rosen, die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr sowie die Mandatarinnen und Mandatare der KPÖ im Grazer Gemeinderat ersucht, den für 8. November 2023 angesetzten Gedenkfeierlichkeiten anlässlich des 85. Jahrestages der Novemberpogrome 1938 fernzubleiben.

Gerade in der gegenwärtigen Situation terroristischer Angriffe auf den Staat Israel sei es für die jüdischen Gemeinden Österreichs besonders wichtig, der Novemberpogrome des Jahres 1938 und der Zerstörung der geistigen Zentren des Judentums im sogenannten „Dritten Reich“ zu gedenken. In der Reflexion der damaligen Verbrechen müsse auch das Bewusstsein um die Bedeutung des Staates Israel für Juden aus der ganzen Welt liegen. In Kenntnis über den in den letzten Jahren vehement zugenommenen Antisemitismus, der bereits wieder in die physische Integrität von Juden und den Bestand jüdischer Einrichtungen auf der ganzen Welt eingreife, dürften die politischen Konstellationen in Israel, deren Ursache und Wirkungen, nicht außer Acht gelassen werden.

Jenseits des vor allem bei Aufstockungsgruppen zu verzeichnenden, meist muslimischen Antisemitismus, sei es vor allem der bei der politischen Linken vorzufindende „israel-orientierte“ Antisemitismus, der Jüdinnen und Juden in Österreich besonders zusetze. Als Israel-Kritik getarnt, trage er das Postulat vor sich, dass von seiner Dämonisierung Israels, die Juden der Diaspora in keinster Weise betroffen seien. Die immer schwierigere Sicherheitssituation jüdischer Einrichtungen in Europa spreche aber eine deutlich andere Sprache. Dem Titel eines Buches des ehemaligen österreichischen Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger, „Der Friede beginnt im eigenen Haus“, könne er nur bedingt zustimmen. Die Terrorisierung jüdischer Einrichtungen und von Juden und Jüdinnen in der gegebenen Dimension habe nicht im eigenen Haus begonnen. 

In Zeiten wie diesen zeige sich gelebte Solidarität nicht in Plattitüden, „Vertragt Euch“-Sagern, oder dem Aufruf zum Wohlverhalten. Wer meint, allein mit der Teilnahme an einer Friedensdemonstration in fernen Landen Frieden schaffen zu können, sei entweder ein Phantast, oder selbstgefällig.

Wer in Israel und der Hamas gleichwertige Partner, ja gar „Bürgerkriegsparteien“, zu erkennen vermeine, verkenne nicht nur das Völkerrecht, sondern setze einen demokratischen Staat, in dem die Geschlechter gleichberechtigt zu leben vermögen, Schwulen, Lesben und Transgender öffentliche Akzeptanz erfahren würden, auch arabische Parteien selbstverständlich in der Knesset vertreten seien oder alle Konfessionen sich frei entfalten könnten, unappetitlichst mit einer Terrororganisation gleich. In Europa müsse keine Moschee, keine Kirche vor Juden oder Israelis bewacht werden, kein Palästinenser vor Israelis oder Juden. Umgekehrt seien Synagogen und jüdische Einrichtungen seit Jahrzehnten erklärte Zielpunkte von vom Hass auf Israel getriebenen Fanatikern, die nicht nur die Zerstörung Israels, sondern vollkommen ungeniert auch die Vernichtung des jüdischen Volkes zu ihren Zielen erklärten. Das habe er bei den Anschlägen auf die Grazer Synagoge 2020 am eigenen Leibe verspüren müssen.

Es gelte daher klar Stellung zu beziehen. Nicht alles sei gleich, nicht alles kompatibel, nicht alles darf akzeptiert werden.

Bereits bei der Verabschiedung der BDS-Resolution des Grazer Gemeinderates im Jahre 2019 habe die Jüdische Gemeinde mit Bedauern feststellen müssen, dass die Grazer Kommunistische Partei als einzige Gemeinderatsfraktion dieser nicht zuzustimmen vermochte. Regelmäßig fänden im KP-Volkshaus auch propalästinensische Vortrags-Veranstaltungen mit als notorisch antiisraelisch bekannten Gästen statt. Auch die Diskussion ob des Hissens der Fahne des Staates Israel auf dem Grazer Rathaus, vor allem aber die Form und Art der Anbringung bzw. ihrer schnellen Abnahme sprächen eine klare, teils beleidigende Sprache. Zu erwähnen blieben auch noch die nicht zu verleugnenden, medial mehrfach behandelten mangelnden Berührungsängste mit der selektiv solidarischen pro-palästinensischen Steierischen Friedensplattform, mit der in der Vergangenheit auch zu gemeinsamen Veranstaltungen bzw. Kundgebungen ein geladen worden sei.

Allein die oben aufgezeigten Fakten zeigten die über die Jahre hindurch gefestigte, unmissverständliche Positionierung der Grazer KPÖ gegenüber dem jüdischen Staat. Dabei sei die KPÖ durchwegs konsequent. Habe sie doch bereits 2006 gegen „Krieg, Besatzung und Unterdrückung“ im Nahen Osten aufgerufen.

Er müsse daher davon ausgehen, dass eine Teilnahme von Kahr sowie von Mandatarinnen und Mandataren der Grazer KPÖ an den Gedenkfeierlichkeiten am 8. November sowohl von einem Gros der Gemeindemitglieder wie auch Gästen als Brüskierung empfunden werden. Er ersuche die Bürgermeisterin und die KPÖ-Gemeinderatsmandatare daher, den Feierlichkeiten nicht beizuwohnen, so der Präsident der Jüdischen Gemeinde Graz.

 

 

Jüdische Gemeinde Graz
Domenik Kainzinger-Webern
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