„kulturMontag“ am 27. November: 100 Jahre Maria Callas, Otto Kallirs Erbe, Vormarsch der KI

Danach: Doku-Premiere „Graz – Räume der Literatur“ – ab 22.30 Uhr in ORF 2

Wien (OTS) – Clarissa Stadler präsentiert am 27. November 2023 um 22.30 Uhr in ORF 2 im „kulturMontag“ u. a. eine Hommage auf die Primadonna assoluta Maria Callas, deren Geburtstag sich am 2. Dezember zum 100. Mal jährt. Weiters stehen Leben und Werk des Kunsthändlers, Galeristen und Verlegers Otto Kallir, der die internationale Erfolgsgeschichte des österreichischen Expressionismus stark mitgeprägt hat, im Mittelpunkt. Großes Thema der Sendung ist außerdem der Vormarsch der Künstlichen Intelligenz in allen Bereichen des menschlichen Lebens, u. a. in der Literatur. Dazu live zu Gast im Studio ist Philosophin Lisz Hirn. Anschließend zeigt ORF 2 die Doku-Premiere „Graz – Räume der Literatur“ (23.25 Uhr).

Die göttliche Callas – Hommage zum 100. Geburtstag

Sie hatte das Tragische im Blut, ein Talent dafür, sich in die falschen Männer zu verlieben, und auch wenn ihre Karriere nur ganze 13 Jahre lang dauerte, hat sie sich dennoch ins kollektive Gedächtnis der Opernwelt eingeschrieben. Maria Callas, die Königin der Extreme, die Primadonna assoluta, wäre am 2. Dezember 100 Jahre alt geworden. Eine neue Biografie von Eva Gesine Baur beleuchtet private wie berufliche Höhen und Tiefen der Diva aller Diven. Ein Leben wie für die Leinwand gemacht. Nicht von ungefähr wird dieses derzeit von Hollywood verfilmt – mit Superstar Angelina Jolie in der Rolle der Opernikone und in der Regie von Pablo Larraín, der schon mit starken Kinoporträts über Jacky Kennedy oder Lady Diana auf sich aufmerksam machte. Er beleuchtet die letzten tragischen Tage kurz vor Callas’ Tod 1977, als sie im Alter von nur 53 Jahren in Paris starb. Autorin Eva Baur dokumentiert in ihrer Biografie einerseits die öffentliche Person – ehrgeizig, geschäftstüchtig, raffiniert –, andererseits die ewig junge Maria – naiv und auf der Suche nach Bestätigung und Halt, die ihr das Elternhaus nie geben konnte. Diese Unsicherheiten führten sie in die unglückliche Liaison mit dem schwerreichen Aristoteles Onassis, der lieber Jackie Kennedy heiratete, sowie in Schwärmereien für hochsensible homosexuelle Filmemacher wie Luchino Visconti oder Pier Paolo Pasolini. Wie aus Maria Anna Sofia Cecilia Kalogeropoulou, einem unscheinbaren griechischen Mädchen, das in New York geboren wurde, eine stilsichere, elegante Frau und vor allem eine der bedeutendsten Sopranistinnen des 20. Jahrhunderts wurde, beleuchtet der „kulturMontag“.

Schiele, Klimt und Kokoschka – Otto Kallirs Kennerblick für die Kunst

Hätte es ihn nicht gegeben, die Geschichte des österreichischen Expressionismus wäre wohl anders verlaufen. Retten, was und auch wer zu retten war – das war Otto Kallirs Anspruch und unumgängliche Prämisse. Der Kunsthändler, Galerist und Verleger hatte mit Egon Schiele, Gustav Klimt, Alfred Kubin oder Oskar Kokoschka das Who’s who in seinem Portefeuille, allesamt Künstler, die von den Nazis verachtet und als Schöpfer sogenannter „Entarteter Kunst“ verboten waren. Vor genau 100 Jahren gründete der Sohn einer gutbürgerlichen, jüdischen Juristenfamilie die legendäre Neue Galerie in der Wiener Grünangergasse, heute die Galerie Nächst St. Stephan. Sein Studium an der Technischen Universität gab der 1894 in Wien als Otto Nirenstein geborene schon 1920 wegen des damals bereits herrschenden Antisemitismus auf und verfolgte zielstrebig eine Karriere als Verleger und Galerist. Auch den, seiner jüdischen Familie in der Habsburgermonarchie zwangsweise zugeteilten Nachnamen gab er auf und eröffnete als Otto Kallir 1923 seine allererste Ausstellung mit Egon Schiele. Er erkannte Schieles außergewöhnliches Talent, auch wenn der Künstler noch fünf Jahre nach seinem Tod nach wie vor kontrovers wahrgenommen wurde. Dass Otto Kallir einen Kennerblick hatte, zeigte sich auch, als ihm die Erben von Richard Gerstl dessen Werk anboten:
Gerstl, Expressionist der ersten Stunde, hatte Zeit seines kurzen Lebens kein einziges Bild ausgestellt, seine Werke verstaubten ungeachtet in einem Speditionslager. Ob mit Ausstellungen von Gerstl, Klimt, Kokoschka oder Kubin – Kallir hatte auch international Erfolg. Nach seiner Emigration 1939 nach New York mit Zwischenstopp in Paris und Werken von Klimt, Kokoschka, Schiele & Co. im Gepäck fasste er Fuß in den USA und gründete seine Galerie St. Etienne. Sukzessive gelang es ihm, das amerikanische Publikum mit Österreichs Meisterwerken erfolgreich vertraut zu machen. Auch der junge österreichische Sammler und spätere Museumsgründer Rudolf Leopold entdeckte 1950 erst durch Kallirs Schiele-Katalog seine Leidenschaft für den Maler. Sein Erbe hält Otto Kallirs Enkelin Jane Kallir, die heute als die führende Schiele-Expertin gilt, hoch. Sie führte gemeinsam mit ihrem Großvater die Galerie St. Etienne in New York weiter. Anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums der Neuen Galerie richtete sie ihm zu Ehren nun in der Galerie Wienerroither & Kohlbacher eine Werkschau seiner besonders geschätzten Künstler aus und präsentiert in der Galerie Nächst St. Stephan anhand von zeithistorischen Dokumenten die Geschichte der Neuen Galerie entlang politischer und kunsthistorischer Zäsuren.

Gespenst KI – Romane aus Maschinen?

Wir schreiben das Jahr eins nach ChatGPT – jenem Tool, dem das gesamte Internet-Wissen zur Verfügung steht, Informationen also aus Millionen an Internetbeiträgen, Social-Media-Posts, Zeitungsartikeln, Büchern, Foren-Inhalten. Ein Programm, dessen Sprachmodell den Text an sich in Frage stellt und der Literatur den Boden unter den Füßen wegzuziehen droht. Noch immer scheint der Mensch überrascht über diesen Evolutionssprung der Maschine und ratlos im Handling der Künstlichen Intelligenz. Chatbots und andere intelligente textbasierte Programme könnten die Literatur revolutionieren. Wird es mehr genormte Bücher geben – und wer verfasst die Romane der Zukunft? Die großen Fragen, die die Literaturwelt beschäftigen, lauten: Wem gehört der Text und wer darf ihn verkaufen? Wird die Grenze zwischen menschlicher Autorenschaft und textender Maschine aufgehoben? Wozu wird die KI fähig sein – wird sie Schriftsteller:innen überflüssig machen? Wird der Mensch zum Korrekturwerkzeug, das die Fehler der Künstlichen Intelligenz ausbügeln muss? Der Umgang mit der KI ist nach wie vor drastisch unreguliert: ein Wirrwarr an Daten, ganz offensichtlich sind auch urheberrechtlich geschützte Werke darunter. Dagegen klagen und protestieren zahlreiche Autorinnen und Autoren wie Margaret Atwood, John Grisham und Jonathan Franzen. Auf der Frankfurter Buchmesse bezeichnete die Branche die Causa als „Urheberrechtsskandal auf höchster Ebene“, das Ganze müsste man nochmal löschen und komplett neu aufsetzen, damit Transparenz hergestellt werden könne. Es sei Zeit darüber nachzudenken, wie man KI regulieren kann, denn momentan betreibe sie „Raubbau am geistigen Eigentum“. Hoffnungen liegen auf dem sich gerade in Arbeit befindlichen AI Act der EU.
Wie sehr wird Künstliche Intelligenz die Arbeitswelt verändern, kann der Mensch mit dem technischen Fortschritt noch mithalten, ist der Vormarsch der KI der ultimative Beleg für menschliche Verletzlichkeit und was ist der Mensch, die Krönung der Schöpfung, im 21. Jahrhundert überhaupt wert? Über diese und andere Fragen diskutiert Clarissa Stadler mit der österreichischen Philosophin Lisz Hirn, die kürzlich ihr neues Buch „Der überschätzte Mensch“ veröffentlicht hat, live im Studio.

Dokumentation „Graz – Räume der Literatur“ (23.25 Uhr)

Graz ist eine Literaturstadt mit langer Tradition – bekannt für ihre literarische Vielfalt sowie experimentellen und avantgardistischen Werke. Namen wie etwa Alfred Kolleritsch, Peter Handke und Barbara Frischmuth kommen einem dabei in den Sinn. Mit zahlreichen Weggefährtinnen und -gefährten waren sie die „Grazer Gruppe“, die sich rund um das historische Forum Stadtpark gebildet hat. Heute sind es u. a. Namen wie Olga Flor und Clemens Setz, die in Teheran geborene Wahlgrazerin Nava Ebrahimi und der Österreicher mit kongolesischen Wurzeln Fiston Mwanza Mujila, die mit der Grazer Literaturszene in Verbindung gebracht werden. Der Unterschied zu ihrer Vorgängergeneration ist, dass sie sich vom Gedanken der Gruppe gelöst haben. Was jedoch bleibt, ist die Fortführung der avantgardistischen Haltung, die sie mit Gegenwartsdiagnose und politischer Brisanz verknüpfen.
Im Dokumentarfilm „Graz – Räume der Literatur“ begibt sich Regisseur Markus Mörth gemeinsam mit ihnen, stellvertretend für die gesamte heutige Generation Grazer Autorinnen und Autoren, auf eine filmische Fußreise durch die steirische Landeshauptstadt. Dabei geht er der Frage nach, was die Grazer Literatur auch heute noch so besonders macht. Nach und nach entstehen in der Doku Porträts der Protagonistinnen und Protagonisten, die ineinandergreifen. Ihre Wege führen sie zu Theatertreffen, zu Verlagen, zu Lesungen, zu Interviews und zeigen sie auch im Gespräch miteinander. Verbindender Ort dabei ist das Literaturhaus Graz, zu dem die „Spaziergänge“ durch die Stadt immer wieder zurückführen.
So wird der Film im Sinne einer dokumentarischen Erzählung ein sich langsam zusammensetzendes Puzzle einer Stadt und ihrer Mentalität, die nicht nur Literatur hervorbringt, sondern die sie vielleicht auch durch ihre Aura bedingt. So sollen auch Gemeinsamkeiten zwischen den Schriftstellerinnen und Schriftstellern aufgezeigt werden, die spezifisch für Graz sind. „Graz – Räume der Literatur“ ist ein Porträt der lebendigen steirischen Literaturszene, das der Frage nachgeht, ob Graz nach wie vor die heimliche Literaturhauptstadt Österreichs ist.

http://presse.ORF.at

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender