Familienausschuss berät über Zukunftsperspektiven der Jugend

Jugendbericht: Familie und Eigenheim haben für Jugendliche hohen Stellenwert

Staatssekretärin Claudia Plakolm sieht die Jugendpolitik in Österreich auf gutem Weg, wie sie heute im Ausschuss für Familie und Jugend des Nationalrats sagte, wo der Bericht zur Lage der Jugend in Österreich (III-1083 d.B.) verhandelt wurde. Die Ausschussmitglieder erörterten mit den Studienautor:innen und Fraktionsexpert:innen Fragen zur psychischen Gesundheit der Jugendlichen sowie Zukunftsperspektiven vor dem Hintergrund angestrebter Schaffung von Eigenheim und sinkenden Vertrauens in die Demokratie. Der Bericht wurde mit Stimmeneinhelligkeit heute nicht enderledigt, um bei einer der nächsten Plenarsitzungen weiter diskutiert zu werden.

PLAKOLM: “GENERATION Z – GENERATION ZUVERSICHT”

Der Jugendbericht falle in eine von Krisen geprägte Zeit, was Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und die Perspektiven von jungen Menschen habe, so Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm. Die Aufgabe der Politik sei es daher, ihnen die bestmöglichen Voraussetzungen für eine positive Zukunftsperspektive zu bieten. Das “Z” der  “Generation Z” widmete Plakolm der Zuversicht. Immerhin sei die Generation trotz Sorgen und Ängsten zuversichtlich, sich selbst etwas aufzubauen und sich selbst eine Zukunft gestalten zu können, meinte sie. Aus dem Bericht lasse sich für die Jugend hohe Lebenszufriedenheit sowie ein hoher Stellenwert von Familie und Eigentum ableiten. Es sei eine erfreuliche Tatsache, dass junge Menschen bereit sind, sich zu engagieren. Beinahe ein:e jede:r Zweite sei hierzulande ehrenamtlich tätig. Positiv hob die Staatssekretärin aus den Berichtsergebnissen ebenso hervor, dass die Quote der Schul- und Ausbildungsabbrecher:innen (8 %) rückläufig und im internationalen Vergleich gut sei.

Einblicke in die Lebenssituationen der Jugendlichen in Österreich lieferten die Studienautor:innen Nadja Lamei von Statistik Austria und Bernhard Heinzlmaier vom Institut für Jugendkulturforschung und Kulturvermittlung. So sei die Teilhabe an Bildung stark vom Bildungshintergrund der Eltern oder vom etwaigen Migrationshintergrund abhängig, erklärte Lamei etwa. Bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund sei die Zahl der Ausbildungsabbrecher:innen höher (rund 15 %). Am niedrigsten sei die Lebenszufriedenheit bei jenem Anteil an Jugendlichen (8,5 %), die weder arbeiten noch eine Ausbildung machen. Laut Heinzlmaier habe das Aufwachsen in Krisenzeiten und insbesondere das “Corona-Regime” einen massiven Einschnitt für die Jugend in Österreich bedeutet. Konservative Werte wie Familie, Eigenheim, Patriotismus und Brauchtumspflege hätten an Bedeutung gewonnen und Sorgen um die eigene Zukunft zugenommen, erläuterte er. Dennoch sei die Jugend zuversichtlich.

EXPERT:INNEN: PARTIZIPATION STÄRKT VERTRAUEN IN DIE POLITIK

Auf die Auswirkungen von Krisen auf das Wohlbefinden junger Menschen ging auch Julian Christian von der Bundesjugendvertretung (BJV) ein. Er sprach von einer unterfinanzierten psychologischen Gesundheitsversorgung und sprach sich für langfristige Maßnahmen wie kassenfinanzierte Psychotherapieplätze und den Ausbau an Psychiatrieplätzen aus.

Die Schlussfolgerungen des Jugendberichts sollten zum Ausbau der österreichischen Jugendstrategie herangezogen worden, meinte AK-Jugendpolitik-Expertin Magdalena Schwarz. Da die Jugendarbeitslosigkeit etwa doppelt so hoch sei wie in der Allgemeinbevölkerung, sollte ihrer Meinung nach die Zahl an Ausbildungsabbrecher:innen weiter reduziert und mehr Bildungsgerechtigkeit hergestellt werden. Konkret forderte sie den Ausbau ganztägiger Schulformen sowie die Ausweitung von Lernbetreuung und Jugendcoaching.

Für junge Familien sei es fast unmöglich, sich ein Eigenheim zu finanzieren, zeigte Maximilian Weinzierl von der Freiheitlichen Jugend Österreichs (FJ) triste Perspektiven auf, die er in politischen Entscheidungen während der Krisenjahre begründet sieht und forderte Steuerentlastungen speziell für Jugendliche.

Jaafar Bambouk von der Grünen Jugend nannte die Klimakrise “die größte Krise unserer Zeit”, welcher sich vor allem die Jugend annehme. Die Politik sollte daher entsprechende Alternativen zur gängigen Wirtschaftsordnung finden, meinte er. Zukunftsängste würde den Jugendlichen außerdem der Blick auf Länder bereiten, in denen demokratische Strukturen abgeschafft werden.

Junge Menschen würden sehr stark auf psychische Belastungen reagieren, denen sie ausgesetzt sind, sagte Caroline Culen von der österreichischen Liga für Kinder- und Jugendgesundheit. Die Medien würden den “Krieg in der Hosentasche” und somit sehr nah bringen, was zu Ohnmachtsgefühlen, Ängsten und Depressionen führen könne. Die Politik sollte daher mehr Ressourcen für Jugendarbeit in die Hand nehmen, so ihr Appell.

Von den Expert:innen thematisiert wurde darüber hinaus die Bedeutung des Demokratiebewusstseins für die Jugend. Sowohl Christian, Schwarz und Culen deuteten einen Vertrauensverlust in demokratische Institutionen als Alarmzeichen und betonten, dass Vertrauen in die Politik durch eigenes Engagement und politische Partizipation gestärkt werde.

AUSSCHUSSDISKUSSION: PSYCHISCHE GESUNDHEIT UND SCHAFFUNG VON EIGENHEIM BESCHÄFTIGEN DIE JUGEND

Die Ausschussmitglieder Carina Reiter (ÖVP), Maximilian Köllner (SPÖ) und Fiona Fiedler (NEOS) suchten die Auseinandersetzung mit der psychischen Gesundheit der Jugendlichen und die Einschätzung der Expert:innen dazu. Die Probleme von heute würden unter anderem auf die restriktive Corona-Politik zurückgehen, zu der es keine ausreichende Aufarbeitung gebe, meinte Jugendkulturforscher Heinzlmaier. Auch Gesundheitspsychologin Culen meinte, dass sich durch die Pandemie die Lebenswelten der Jugendlichen verändert hätten. Ganz grundsätzlich würde mit psychischen Belastungen heute allerdings ganz anders – wesentlich reflektierter – umgegangen werden als etwa in der Jugend der Boomer-Generation. Dazu würde auch der internationale Diskurs beitragen.

Von Reiter (ÖVP) und Köllner (SPÖ) aufgerollt wurde in der Diskussionsrunde auch das Thema Eigentum. Die Perspektive Eigenheim würde von den Jugendlichen mit Sicherheit gleichgesetzt werden und sei daher so prävalent, erklärte Experte Heinzlmaier. AK-Expertin Schwarz betonte, dass junge Menschen fast 50 % ihres Monatseinkommens für Wohnkosten aufwenden und befristete Mietverhältnisse eine Herausforderung darstellen würden. BJV-Vorsitzender Christian meinte, dass der Wunsch nach dem Eigenheim in Diskrepanz zur Lebensverdienstkurve stünde, woraufhin Staatssekretärin Plakolm auf Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung verwies.

Die Staatssekretärin wurde von ÖVP-Mandatarin Reiter ferner auf das ehrenamtliche Engagement von jungen Menschen angesprochen. Dass beinahe die Hälfte aller Jugendlichen im Bereich der Freiwilligenarbeit tätig seien – ein Wert analog zur Gesamtbevölkerung – sei ein internationaler Spitzenwert, meinte Plakolm. Mit ehrenamtlichen Nachwuchs sei also zu rechnen. Studien hätten außerdem aufgezeigt, dass Jugendliche, die sich ehrenamtlich engagieren, krisenresilienter seien.

Lukas Brandweiner (ÖVP) fragte nach absehbaren demographischen Trends wegen der alternden Bevölkerung. Laut Statistikerin Lamei sei bis zum Jahr 2060 von einem abnehmenden Anteil an Jugendlichen an der österreichischen Gesamtbevölkerung auszugehen. Auf die Abwanderung von Jugendlichen angesprochen sagte sie, dass dies überproportional viele Hochschulabsolvent:innen betreffe. FJ-Obmann Weinzierl meinte dazu, dass die Abwanderung mit fehlenden Perspektiven einhergehe. Aus diesem Grund würde auch die Fertilitätsrate sinken, meinte er zu Rosa Ecker (FPÖ).

Die Lebenszufriedenheit von Jugendlichen sei im ländlichen Raum generell höher als in der Stadt, wurde FPÖ-Abgeordnete Ecker von Experte Heinzlmaier informiert.

Barbara Neßler (Grüne) fragte die geladenen Jugendvertreter nach den ihrer Ansicht nach größten Herausforderungen für die Generation Z. BJV-Vorsitzender Christian meinte, dass wirtschaftliche Unsicherheiten zu einem “Rattenschwanz” an Problemen führen würden. Grüne Jugend-Sprecher Bambouk sieht den Umweltschutz als das Thema mit dem größten Handlungsdruck und Mobilisierungspotential unter Jugendlichen. FJ-Obmann Weinzierl problematisierte den erhöhten Konsum sozialer Medien.

Das Vertrauen in demokratische Systeme stärken will Plakolm durch die weitere Stärkung des Jugenddialogs, wie sie gegenüber Christian Oxonitsch (SPÖ) festhielt. Durch den Ausbau des Jugendcoachings soll die Quote an Schulabbrecher:innen noch weiter gesenkt werden, sagte sie zu Martina Künsberg Sarre (NEOS).

EIN FÜNFTEL JUNGER MENSCHEN OHNE ÖSTERREICHISCHER STAATSBÜRGERSCHAFT

Mit Stand 1.1.2023 waren 11,4 % (1.036.425 Personen) der österreichischen Bevölkerung zwischen 14 und 24 Jahren alt und 6,5 % (592.713 Personen) zwischen 25 und 29. Knapp ein Fünftel der 10- bis 29-Jährigen in Österreich hat eine ausländische Staatsangehörigkeit (am häufigsten Deutschland, gefolgt von Syrien, Rumänien, Türkei und der Ukraine). Dieser Wert liegt über jenem in der Gesamtbevölkerung und wird im Bericht zur Lage der Jugend in Österreich mit der Bildungs-, Arbeits- und Fluchtmigration junger Menschen erklärt. Bei Umfragen zu Wertehaltungen und Zielsetzungen zeigte sich laut Jugendbericht ein Großteil der jungen Menschen gemeinschafts- und familienorientiert, ausgestattet mit zielgerichteter Lebensplanung und Engagement für wichtige gesellschaftliche Anliegen. Über 80 % der jungen Menschen in Österreich sind mit ihrem Leben zufrieden. Allerdings befürchte jede:r Zweite der Befragten, dass es ihre Kinder einmal schlechter haben werden als sie selbst. Angesichts von Klimakatastrophe, Krieg und Inflation würden mehr als die Hälfte der Jugendlichen zögern, Kinder in die Welt zu setzen. (Fortsetzung Familienausschuss) fan

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