Aktuelle Stunde: NEOS für Senkung der Abgabenquote auf 40 % im Kampf gegen die Teuerung

Austausch bekannter Argumente über mögliche Gründe für hohe Inflation in Österreich

Neu waren sie nicht die Argumente, die heute in der Aktuellen Stunde im Nationalrat zwischen den NEOS und Finanzminister Magnus Brunner ausgetauscht wurden. Während Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger die Geldverteilung mit der “ganz großen Gießkanne”, die hohe Steuer- und Abgabenlast sowie fehlende strukturelle Reformen als Hauptgründe für die hartnäckig hohe Inflation in Österreich ausmachte, konterte der oberste Hüter der Staatsfinanzen mit einer langen Aufzählung an Entlastungsmaßnahmen. Ein Ergebnis davon sei, dass die real verfügbaren Haushaltseinkommen um 2,6 % gestiegen seien, führte Magnus Brunner ins Treffen.

MEINL-REISINGER: “STEUERN RUNTER UND HÄNDE AUS DEN TASCHEN DER BÜRGER:INNEN”

Nach mehr als zwei Jahren sei es noch immer nicht gelungen, die im Vergleich zu den meisten europäischen Ländern deutlich höhere Inflationsrate in Österreich zu senken, warf NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger der Regierung und insbesondere Finanzminister Brunner vor. Aktuell liege man bei 4,3 %, während der Durchschnittswert im Euroraum 2,4 % betrage. Vieles sei aber hausgemacht, urteilte Meinl-Reisinger, die vor allem strukturelle Reformen, die zur Stärkung der Produktivität und des Standorts notwendig gewesen wären, vermisste. Kritik übte sie auch daran, dass keine zielgerichteten Maßnahmen gesetzt worden seien.  

Stattdessen sei unter dem Motto “koste es, was es wolle” die “ganz große Gießkanne” ausgepackt und “die Menschen mit Geld überhäuft” worden. Damit habe man natürlich die Inflation massiv angefacht. Missstände ortete die NEOS-Klubobfrau zudem im Energiesektor, wo die Steuerzahler:innen sich gegenseitig die Stromrechnungen subventionieren würden. Das größte Versäumnis lag ihrer Meinung nach jedoch in der fehlenden Entlastung der Arbeitnehmer:innen und der Arbeitgeber:innen. Die heimische Steuer- und Abgabenquote sei mit 43,2 % noch immer viel zu hoch, obwohl im Regierungsprogramm eine Reduktion auf 40 % versprochen wurde. Damit habe man der Bevölkerung rund 16 Mrd. € bzw. 2.130 € pro erwachsener Person vorenthalten, rechnete Meinl-Reisinger vor.

BRUNNER VERTEIDIGT HOHE LOHNABSCHLÜSSE UND VERWEIST AUF UMFASSENDE ENTLASTUNGSMASSNAHMEN

Es sei richtig, dass die aktuelle Inflationsrate in Österreich 4,3 % ausmache, konstatierte Finanzminister Magnus Brunner, laut OeNB werde sie im Jahresschnitt 2024 bei circa 3,6 % zu liegen kommen. Man könne es sich mit der Analyse aber nicht ganz so einfach machen, hielt er der NEOS-Klubobfrau entgegen. Der Ressortchef erinnerte daran, dass in Österreich die Inflationsrate zunächst um einiges später als in den meisten europäischen Ländern nach oben gegangen sei, was vor allem auf die langfristigen Verträge mit Energieversorgern zurückzuführen sei. Dies hätte aber auch den Nachteil, dass die Preise nun langsamer zurückgehen würden. Berücksichtigen müsse man zudem die Zusammensetzung des Warenkorbs, wodurch etwa ein Unterschied von 0,5 % im Vergleich zur deutschen Inflationsrate erklärbar sei. Gleichzeitig sollte man anerkennen, dass Österreich die höchste Kaufkraft in ganz Europa habe, wozu unter anderem die hohen Lohnabschlüsse beigetragen hätten. Die neusten Berechnungen würden zeigen, dass die real verfügbaren Haushaltseinkommen um 2,6 % gestiegen seien, hob der Finanzminister erfreut hervor.

Der Kritik, wonach zu wenig getan wurde, entgegnete Brunner mit dem Hinweis auf umfassende Entlastungsmaßnahmen. Als Beispiele führte er unter anderem die Aussetzung der Ökostrom-Pauschale, die Reduktion der Energieabgaben um 90 %, die Strompreisbremse, den Netzkostenzuschuss, die Valorisierung der Familien- und Sozialleistungen, die Abschaffung der kalten Progression sowie die vielen Steuerentlastungen an, die sehr wohl als strukturelle Reformen anzusehen seien.

In Krisenzeiten müsse man natürlich immer eine Balance finden zwischen Treffsicherheit und der Frage des sozialen Ausgleichs und der Geschwindigkeit, räumte Brunner ein.

Viele Expert:innen und auch der Budgetdienst des Parlaments hätten aber bestätigt, dass die Maßnahmen sehr wirksam gewesen seien.

ÖVP: REGIERUNG HAT IHRE VERANTWORTUNG WAHRGENOMMEN

Corinna Scharzenberger (ÖVP) kam auf den Titel der Aktuellen Stunde zu sprechen und verwehrte sich gegen die Aussage der NEOS, wonach der Finanzminister die “Hände in den Taschen der Bürger:innen” habe. Das Gegenteil sei der Fall, betonte die Rednerin, denn die Regierung habe die “Ärmel aufgekrempelt” und ihre Verantwortung für das Land wahrgenommen. Es gebe kein Land in Europa, das die Steuern in demselben Ausmaß gesenkt habe als dies in Österreich der Fall gewesen sei. Alleine durch die Abschaffung der kalten Progression würden sich die Steuerzahler:innen 3,6 Mrd. € pro Jahr ersparen. Um den Wirtschaftsstandort und die Exportfähigkeit Österreichs zu stärken, plädierte ÖVP-Abgeordneter Kurt Egger für eine weitere Senkung der Lohnnebenkosten bei den Arbeitergeber:innen, wie dies auch im Plan von Bundeskanzler Nehammer enthalten sei.

GRÜNE SETZEN AUF ÖKOSOZIALE AKZENTE UND STÄRKERE BESTEUERUNG VON VERMÖGEN

Abgeordneter Jakob Schwarz (Grüne) verwies darauf, dass die aktuelle Regierung zahlreiche Vorhaben, die schon seit langem gefordert wurden, umgesetzt habe. Die Einführung der Home-Office-Pauschale, des Öko-Investitionsfreibetrags, der Arbeitsplatzpauschale für Selbständige, die Erhöhung des Verkehrsabsetzbetrages, die mehrfache Anhebung des Familienbonus, die Ausweitung der Spendenabsetzbarkeit, die Aussetzung der Umsatzsteuer für PV-Anlagen sowie die Senkung der Lohnnebenkosten über den FLAF seien nur einige wenige Beispiele dafür.

Markus Koza (Grüne) gab zu bedenken, dass Vermögen sowie Umwelt- und Ressourcenverbrauch in Österreich vergleichsweise niedrig besteuert seien. Auch wenn in diesen Bereichen aufgrund des Engagements der Grünen im Zuge der ökosozialen Steuerreform schon einiges gelungen sei, so könne noch mehr getan werden. Seine Fraktion spreche sich daher ganz klar für eine viel stärkere Besteuerung des Vermögens aus. Dann gäbe es auch genug Spielraum, um gewisse Lohnnebenkosten zu senken.

SPÖ FORDERT EINFRIEREN DER MIETEN BIS MINDESTENS 2026

Die SPÖ setze sich mittlerweile seit Jahren gegen die massive Teuerung und die Preisexplosionen in weiten Bereichen des Lebens ein, bekräftigte Abgeordnete Julia Herr (SPÖ), dennoch würden die Preise weiter ansteigen. Mit einem Wert von 4,3 % nehme Österreich den drittschlechtesten Platz in der EU ein; darauf könne man nicht stolz sein. Es habe auch niemand behauptet, dass die Regierung gar nichts getan hätte, aber offenbar war es doch viel zu wenig. Handeln müsse man endlich bei den Mieten, drängte Herr, zumal diese abermals im Durchschnitt um 10 % gestiegen seien. Diese müssten bis mindestens 2026 eingefroren werden. Mit den von den NEOS vorgeschlagenen Gegenmaßnahmen konnte sie wenig anfangen, da eine Senkung der Steuern- und Abgabenquote nur auf den ersten Blick gut klinge. Denn von einer Reduktion der Gewinnsteuer etwa würden nur Konzerne und Banken profitieren, aber keine einzige Arbeitnehmerin bzw. kein einziger Arbeiternehmer.

Auch ihre Fraktionskollegin Michaela Schmidt beklagte, dass die Regierung viel zu spät eingegriffen und damit einen “aufflammenden Küchenbrand” bei der Inflationsentwicklung in Kauf genommen habe. Bedauerlicherweise seien die Vorschläge der SPÖ, wie z.B. Preiseingriffe bei “trittbrettfahrenden” Unternehmen, ein ernsthafter Schutz der Mieter:innen, eine Senkung der Mehrwertsteuer bei Grundnahrungsmitteln oder die Einführung einer echten Übergewinnsteuer, nicht umgesetzt worden.

FPÖ FÜR DEUTLICHE ENTLASTUNG DER ARBEITNEHMER:INNEN UND DER PENDLER:INNEN

Seit Sommer 2022 liege die Inflationsrate in Österreich immer über dem EU-Durchschnitt, zeigte Hubert Fuchs (FPÖ) auf, der den Finanzminister als größten Profiteur dieser Entwicklung bezeichnete. Aus freiheitlicher Sicht sei es dringend notwendig, die Arbeitnehmer:innen und die Pendler:innen zu entlasten, wie z.B. durch die Abschaffung der “CO2-Strafsteuer” und der “ORF-Zwangssteuer” sowie die Erhöhung der Pendlerpauschale und des amtlichen Kilometergeldes. Auch die budgetäre Situation sei unter der schwarz-grünen Bundesregierung vollkommen aus dem Ruder gelaufen, beklagten Fuchs sowie sein Fraktionskollege Axel Kassegger, zumal heuer das größte Defizit aller Zeiten erwirtschaftet worden sei. Aus der ehemaligen Wirtschaftspartei ÖVP sei die größte Schuldenmacher-Partei geworden. Die hohe Abgabenquote behindere die Menschen daran, Eigentum und Wohlstand aufzubauen, zeigte sich Kassegger überzeugt.

NEOS: VOLLZEITARBEIT ZAHLT SICH IN ÖSTERREICH NICHT AUS

Wenn man sich die “nackten Zahlen” anschaue, dann müsse man erkennen, dass die Abgabenlast seit 2020 von 42,7 % auf 43,2 % gestiegen sei, erklärte Gerald Loacker (NEOS), der sich dabei auf eine Berechnung der Wirtschaftskammer bezog. Dies sei auch ein Grund dafür, warum so viele Österreicher:innen nur Teilzeit arbeiten würden, denn Leistung zahle sich nicht mehr aus. Generell habe er den Eindruck, dass der “gefräßige Staat” immer mehr nehme, aber immer weniger liefere. Das betreffe nicht nur das Bildungssystem, sondern auch das Gesundheitswesen und den öffentlichen Verkehr.

Trotz Abschaffung der kalten Progression hätten sich die Einnahmen aus der Lohnsteuer deutlich erhöht, führte Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS) ins Treffen. “Gefüttert” würden damit unter anderem die Energieversorger in den Ländern, beklagte er, dies müsse endlich aufhören. (Fortsetzung Nationalrat) sue

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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