Caritas zu ODA-Zahlen 2024: Trotz steigenden Bedarfs an struktureller Armutsbekämpfung keine ausreichenden Mittel für die ärmsten Länder

Knapp: „Die Bundesregierung hat richtige Akzente gesetzt und bilaterale Entwicklungshilfeleistungen erhöht, aber es gibt Luft nach oben: 0,7 % des Bruttonationaleinkommens bis 2030!“

Am 11. April 2024 veröffentlichte der Ausschuss für Entwicklungszusammenarbeit der OECD die vorläufigen Zahlen der öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (Official Development Assistance, ODA) für einkommensschwache und die ärmsten Länder weltweit. Österreich stellte 2023 0,38 Prozent seines Bruttonationaleinkommens für die öffentliche Entwicklungsarbeit inklusive humanitärer Hilfe zur Verfügung und wich dabei nur leicht vom Jahr 2022 mit 0,39 Prozent ab. Andreas Knapp, Generalsekretär Internationale Programme der Caritas Österreich: „Aus Österreich gab es in der aktuellen Legislaturperiode erfreuliche Entwicklungen, so wurde der Auslandskatastrophenfonds von 15 Millionen im Jahr 2019 auf 80 Millionen Euro im Jahr 2024 erhöht, und es gab zusätzliche Mittel für dringend benötigte bilaterale Entwicklungszusammenarbeit vor Ort. Das sind Schritte in die richtige Richtung.“ Dennoch liegt Österreich im EU-Vergleich unter dem Durchschnitt von 0,52 Prozent, und damit auch hinter Ländern wie Norwegen (1,09 Prozent), Luxemburg (0,99 Prozent), Schweden (0,91 Prozent), Deutschland (0,79 Prozent) und Dänemark (0,74 Prozent).

Knapp: „Betrachtet man die Entwicklungen aller Geberländer, zeigt sich ein besorgniserregender Trend, nämlich dass in den letzten Jahren trotz des weltweit steigenden Bedarfs nach humanitärer Hilfe und struktureller Armutsbekämpfung ein immer geringerer Teil an Mitteln in die ärmsten Länder der Welt geflossen ist. Im Vergleich zum Vorjahr kam es zu einer leichten Kurskorrektur, trotzdem fehlen Mittel für die ärmsten Länder weltweit. Dazu kommt: Ein großer Teil der Mittel verbleibt in den Industriestaaten und zusätzlich wurde die Liste der anrechenbaren ODA-Leistungen über die Jahre erweitert, so dass diese nun viele umstrittene Geld- und Warenströme umfasst. Damit entfernt man sich vom ursprünglichen Zweck der Armutsbekämpfung. Diese Gelder sollten aber eigentlich die Menschen in den einkommensschwachen und ärmsten Ländern weltweit unterstützen und strukturelle Armut reduzieren!“

IN ZEITEN MULTIPLER KRISEN DIE ARMUTSBEKÄMPFUNG NICHT AUS DEN AUGEN VERLIEREN

Immer mehr Menschen sind auf die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft angewiesen, so war 2023 eines des am stärksten von Konflikten geprägte Jahr seit Jahrzehnten. „Die frühzeitige Freigabe der Mittel aus dem Auslandskatastrophenfonds durch die Bundesregierung ist entscheidend für eine effiziente Umsetzung der humanitären Hilfe. Das ist dieses Jahr gelungen und dafür bedanken wir uns. Dringend notwendig sind aber auch zusätzliche Gelder für die langfristige Entwicklungszusammenarbeit, um strukturelle Armut und Ungleichheit in von Hunger, Klimakrise, Konflikten und Kriegen betroffenen Ländern zu bekämpfen“, erklärt Andreas Knapp.

Die Klimakrise stellt für Millionen von Menschen und auch für die globale Ernährungssicherheit eine existentielle Bedrohung dar. Aktuell leiden weltweit 783 Millionen Menschen an Hunger – das ist jede*r Zehnte weltweit. „Es muss unser gemeinsames Ziel sein, Hunger und Unterernährung in allen Weltregionen zu bekämpfen. Dabei müssen wir die Auswirkungen der Klimakrise, die sich unter anderem durch wiederkehrende und lange Dürreperioden äußert, abmildern und gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen und den Menschen vor Ort die Lebensumstände, etwa in der klimasensiblen Land- und Weidewirtschaft, an die neuen Gegebenheiten bestmöglich anpassen“, erklärt Andreas Knapp. Ein Caritas-Projekt in Kenia reduziert nachhaltig Armut und unterstützt die Betroffenen im Hinblick auf die Auswirkungen der Klimakrise. Das Projekt, das durch Mittel der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit vom Klimaschutzministerium finanziert wird, stärkt die Selbstbestimmung von Frauen und ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber den Auswirkungen der Klimakrise durch den Zugang zu besseren Einkommensmöglichkeiten.  

GLOBALE KRISEN MACHEN NICHT AN GRENZEN HALT

Gemäß einer UN-Resolution von 1970 verpflichten sich Industriestaaten dazu, 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens für öffentliche Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung zu stellen – dieses Versprechen wurde von der Bundesregierung und im aktuellen Dreijahresprogramm (bis 2024) der österreichischen Entwicklungspolitik erneuert, um globale Armut zu bekämpfen und zu nachhaltiger Entwicklung für alle beizutragen. Dazu kommt: Mit der Agenda 2030 der Vereinten Nationen werden die Ziele verfolgt, extreme Armut bis 2030 zu beseitigen und ausreichend Mittel für einkommensschwache und die ärmsten Länder weltweit bereitzustellen. Diese Ziele sind aufgrund der Corona-Pandemie und anderer Krisen in weiter Ferne. Andreas Knapp „Wir appellieren an die Bundesregierung, dass öffentliche Entwicklungszusammenarbeit weiter das Ziel der globalen Armutsbekämpfung verfolgen muss, und zwar dort, wo die Hilfe am nötigsten ist. Menschen brauchen stabile, sichere Verhältnisse und längerfristige Perspektiven. Armut, Hunger und extreme Ungleichheit können zu sozialen Krisen und Konflikten führen und stellen eine Bedrohung für Demokratien dar. Es braucht enorme Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft, um bei der Zielerreichung der Agenda 2030 auf Kurs zu kommen.“ Fest stehe, dass in unsicheren Zeiten der globalen Herausforderungen und multiplen Krisen alles miteinander verbunden sei und nicht an Grenzen haltmache, sich also auch auf Österreich und andere Länder auswirke, so Knapp. „Trotz der positiven Signale aus Österreich in den letzten Jahren sind die Prognosen des Budgetdienstes mit einer sinkenden ODA-Quote bis 2027 besorgniserregend. Der positive Trend, der sich bei der Erhöhung des Auslandskatastrophenfonds und der Aufstockung der bilateralen Hilfe abgezeichnet hat, sollte unbedingt beibehalten werden! Wichtig wäre, einen verbindlichen Stufenplan zur Erreichung des 0,7-Ziels bis 2030 vorzulegen. 0,2 Prozent des Bruttonationaleinkommens sollten für die ärmsten Länder weltweit zur Verfügung gestellt werden.“

Caritas Österreich
Mag.a Claudia Vitt
Pressereferentin
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