Budgetvollzug 2021 zeigt erste Zeichen der Entspannung nach COVID-19-Krise

Budgetausschuss behandelt Berichte zu laufenden Finanzagenden und vertagt Oppositionsanträge

Wien (PK) – Zwei Wochen vor der nächsten Budgetrede von Finanzminister Gernot Blümel beschäftigte sich der Budgetausschuss heute mit den laufenden Finanzagenden. Zur Diskussion standen neben dem von den Auswirkungen der Pandemie geprägten Budgetvollzug von Jänner bis Juli 2021 auch eine Reihe von Oppositionsanträgen, die (teils zum wiederholten Male) vertagt wurden. Bei den Euro-Krisenländern sieht das Finanzministerium trotz Corona-Krise nur geringe Rückzahlungsrisiken.

Budget von Jänner bis Juli 2021 – weiterhin stark von Pandemie betroffen

Der Budgetvollzug 2021 steht weiterhin im Zeichen der massiven Auswirkungen der COVID-19-Krise. Das ist den Berichten zu entnehmen, die von Budgetausschuss heute diskutiert und mehrheitlich mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS, zur Kenntnis genommen wurden (67/BA, 71/BA, 72/BA).

Rechnet man die Auszahlungen aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds, die als Einzahlungen in selber Höhe in anderen Untergliederungen verbucht werden, heraus, so ergeben sich von Jänner bis Juli 2021 bereinigte Einzahlungen von 44,41 Mrd. €, um 6,71 Mrd. € bzw. 17,8% mehr als im Vergleichszeitraum 2020. Auch im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 kam es zu einem geringen Anstieg um 0,20 Mrd. € bzw. 0,5%. Die öffentlichen Nettoabgaben erhöhten sich gegenüber dem Vorjahr um 6,01 Mrd. € bzw. 26%, so die Analyse des Budgetdienstes des Parlaments. Die Einzahlungen aus abgabenähnlichen Erträgen waren um 11% höher als im Vergleichszeitraum 2020.

Die Bruttoabgaben von Jänner bis Juli 2021 lagen um 16,7 % über dem Vorjahresaufkommen und um 2,3% über 2019. Im Jänner 2021 habe sich das Aufkommen aufgrund einer verzögerten Versendung von Nachforderungsbescheiden für ältere Veranlagungsjahre mit einem Forderungsvolumen in der Höhe von 1,1 Mrd. € ungewöhnlich gut entwickelt, betont der Budgetdienst des Parlaments. Von Februar bis April wurde das Aufkommen dann erwartungsgemäß von den Lockdowns und der generell angespannten Konjunkturlage stark gedämpft. Ab Mai gab es eine deutliche Entspannung. Der (novellierte) Bundesvoranschlag (BVA) 2021 dürfte aus derzeitiger Sicht daher deutlich überschritten werden, argumentiert der Budgetdienst. Der Nettofinanzierungssaldo betrug Ende Juli -14,12 Mrd. € und war damit um 0,18 Mrd. € ungünstiger als im Juli 2020, so das Finanzministerium. Aufgrund der besseren konjunkturellen Entwicklung sei derzeit davon auszugehen, dass der Nettofinanzierungssaldo im Gesamtjahr 2021 weniger negativ ausfallen wird als budgetiert (-30,73 Mrd. €), heißt es seitens des Budgetdienstes. Das Nettoergebnis im Ergebnishaushalt (-15,31 Mrd. €) lag um 1,19 Mrd. € unter dem Nettofinanzierungssaldo.

Zu Mehreinzahlungen von Jänner bis Juli 2021 kam es im Vorjahresvergleich insbesondere bei der Körperschaftsteuer (+1,64 Mrd. €), den Kapitalertragsteuern (+0,96 Mrd. €) und der Lohnsteuer (+0,94 Mrd. €). Auch die Einzahlungen aus Abgabenguthaben der Steuerpflichtigen (+0,38 Mrd. €) stiegen weiter an, wobei diese die Verbindlichkeiten des Bundes gegenüber den Steuerpflichtigen erhöhen. Geringer als im Vorjahr war etwa das Aufkommen aus der Stabilitätsabgabe (-0,13 Mrd. €) und der Mineralölsteuer (-63,9 Mio. €).

Die bereinigten Auszahlungen bis Juli 2021 waren mit 58,53 Mrd. € um 6,89 Mrd. € bzw. 13,3 % höher als im Vorjahreszeitraum. Im Vergleich zu den Monaten Jänner bis Juli im Vorkrisenjahr 2019 beträgt der Anstieg 13,34 Mrd. € bzw. 29,5 %.

Budgetäre Auswirkungen der COVID-19-Krise

Die Auszahlungen für Maßnahmen zur Bewältigung der COVID-19-Krise im Jahr 2021 haben sich bisher auf rund 11,51 Mrd. € belaufen. Davon entfielen 3,42 Mrd. € auf Kurzarbeitsbeihilfen. Die aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds im Jahr 2021 erfolgten Zahlungen in der Höhe von 8,09 Mrd. € und betrafen insbesondere zusätzliche Mittel für COFAG-Maßnahmen (4,45 Mrd. €), den Härtefallfonds bei der WKO (1,07 Mrd. €). Der überwiegende Teil der Auszahlungen aus dem Krisenbewältigungsfonds entfiel auf bereits im BVA 2021 veranschlagte Mittel, es kam allerdings auch zu Auszahlungen der Ressorts in der Höhe von 1,33 Mrd. €, die nicht budgetiert waren und für die vom BMF eine Mittelverwendungsüberschreitung (MVÜ) gegen Bedeckung aus der pauschalen COVID-19-Ermächtigung (insgesamt 5,0 Mrd. €) genehmigt wurde.

An die COFAG wurden 2020 und 2021 mit 15. August insgesamt 8,69 Mrd. € überwiesen, die Auszahlungen an die EndempfängerInnen aus den COFAG-Zuschüssen belaufen sich auf insgesamt 8,19 Mrd. € (2021: 5,64 Mrd. €). Davon entfallen 3,30 Mrd. € auf den Lockdown-Umsatzersatz für November bzw. Dezember und 2,85 Mrd. € auf den Ausfallsbonus. Der Betrachtungszeitraum für den Ausfallsbonus wurde in einer adaptierten Form bis Ende September verlängert, jener für den Verlustersatz bis Ende Dezember. Im weiteren Budgetvollzug erwartet der Budgetdienst daher insbesondere für diese beiden Maßnahmen noch größere Auszahlungen. Beim Fixkostenzuschuss endete der Betrachtungszeitraum mit Ende Juni, es seien jedoch noch Auszahlungen für die 2. Tranche zu erwarten.

Für Kurzarbeitsbeihilfen wurden im Jahr 2021 bis 15. August 3,42 Mrd. € ausbezahlt, die dafür geleisteten Auszahlungen seit 2020 betragen somit insgesamt 8,91 Mrd. €. Die Lockerungen führten ab Mai zu einer geringeren Anzahl an Ausfallstunden.

Aus Sicht von ÖVP-Abgeordnetem Andreas Hanger bestätigen die Zahlen insbesondere ab Juni dieses Jahres, dass eine kräftige Erholung der Wirtschaft eingesetzt hat, die sich auch auf den Arbeitsmarkt auswirkt. Teilweise herrsche bereits Vollbeschäftigung. Elisabeth Götze (Grüne) wollte vom Finanzminister wissen, wann mit einem Abbau der Haftungen und Garantien zu rechnen sei. Die wirtschaftliche Erholung sei auch noch nicht in allen Bereichen angekommen. So habe etwa die Stadthotellerie nach wie vor nicht das Vorkrisenniveau erreicht.

Christoph Matznetter (SPÖ) zeigte sich unzufrieden mit der Darstellung der Ertragssteuern, da aus seiner Sicht das Aufkommen nach wie vor durch die Wirkung von Steuerstundungen verfälscht wird. Man brauche aber belastbare Vergleichszahlen, um über die anstehende Steuerreform diskutieren zu können. FPÖ-Budgetsprecher Fuchs wollte wissen, wie viele Unternehmen Korrekturen von Förderungen bei der COFAG beantragt hätten und ob es aufgrund dieser Meldungen zu Rückzahlungen in signifikanter Höhe gekommen sei.

Kritische Anmerkungen kamen von den NEOS-Abgeordneten Karin Doppelbauer und Gerald Loacker. Doppelbauer wies darauf hin, dass der Härtefallfonds ausläuft. Während eine Überforderung von einzelnen Branchen vermieden werden müsste, wären andere noch auf Hilfen angewiesen. Loacker meinte, die Corona-Kurzarbeit sei unterdessen überholt, sie halte Arbeitskräfte, die anderswo benötigt würden, in Jobs, die niemand mehr brauche.

Finanzminister Gerald Blümel betonte, aus wirtschaftlicher Sicht sei die Krise vorbei, das zeige auch der in einzelnen Bereichen sichtbare Arbeitskräftemangel. Das hier noch nicht genützte Wachstumspotenzial könne aber später realisiert werden, zeigte er sich überzeugt. Das Auslaufen des Härtefallfonds sei jedenfalls aufgrund der Entwicklung gerechtfertigt. Einzelne Hilfsmaßnahmen für nach wie vor betroffene Branchen sei bis Jahresende verlängert worden. Er teile aber die Ansicht, dass die Unterstützungen keine Wettbewerbsverzerrung verursachen dürften. Das Mittel der Kurzarbeit werde daher sehr genau bewertet, damit es nicht zu den von Loacker befürchteten Effekten komme, betonte Blümel. Die Corona-Kurzarbeit laufe jedenfalls nur noch bis Jahresende. Zahlen über Rückzahlungen an die COFAG werde das Ressort schriftlich nachreichen, versicherte er Abgeordnetem Fuchs. Was die Rückführung der Haftungen betreffe, so gehe dieser rasch vor sich, da man auch darauf geachtet habe, ein Anreizsystem für Unternehmen zu schaffen, Haftungen rasch wieder abzubauen.

1,2 Mrd. € Mittelverwendungsüberschreitungen für COVID-19-Krisenbewältigung im zweiten Quartal 2021

Der Budgetausschuss diskutierte auch die im 2. Quartal 2021 vom Finanzministerium genehmigten Mittelverwendungsüberschreitungen und Vorbelastungen. Der Bericht dazu wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. Während bei den Mittelverwendungsüberschreitungen die Bewältigung der COVID-19-Pandemie im Vordergrund stand, wurden die Vorbelastungen aufgrund von Leistungsvereinbarungen im Bereich der Wissenschaft und Forschung genehmigt (70/BA).

Konkret betrafen von den Mittelverwendungsüberschreitungen in Gesamthöhe von 2,2 Mrd. € rund 1,2 Mrd. € die Dotierung des COVID-19-Krisenenbewältigungsfonds in der UG 45-Bundesvermögen. Die Vorbelastungen von 550,4 Mio. € im 2. Quartal betrafen insbesondere die Leistungsvereinbarung 2022-2023 zwischen dem BMBWF und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und die Leistungsvereinbarung 2022-2023 mit dem Institute of Science and Technology Austria (IST Austria).

Oppositionsanträge vertagt: Hilfen für Gemeinden, Evaluierung der Wirtschaftshilfen, Erhöhung des Frauenbudgets

Die Rückzahlungspflichten aus dem 2. Gemeindepaket sollten entfallen, lautet die Forderung der SPÖ, die damit die Gemeindefinanzen nachhaltig stärken möchte (1848/A(E)). Außerdem treten SPÖ-Budgetsprecher Kai Jan Krainer und sein Fraktionskollege Andreas Kollross für die Weiterführung des Kommunalinvestitionsprogramms mit einem jährlichen Volumen von 1 Mrd. € bis 2024 ein. Die Corona-Krise habe die Gemeinden besonders hart getroffen, wies Stöger auf die finanzielle Situation der Kommunen hin. Hilfspakete hätten kurzfristig Erleichterung geschaffen, mittel- bis langfristig würden die damit verbundenen verpflichtenden Rückzahlungen allerdings zu einer deutlichen Verschlechterung der Situation der Gemeinden führen und damit die Spielräume für notwendige Maßnahmen bei Infrastruktur und Klimaschutz einschränken, meinte der Abgeordnete. Abgeordnete Elisabeth Götze von den Grünen hielt es für verfrüht, Aussagen über die Wirkung der Hilfspakete zu treffen. Sie sprach sich für die Vertagung aus, die mit der Mehrheit aus ÖVP und Grünen auch beschlossen wurde.

Diskutiert wurde auch ein Antrag der NEOS zur Unterstützung der Unternehmen in der Krise. NEOS-Abgeordnete Karin Doppelbauer kritisierte, dass es die Bundesregierung nicht geschafft habe, den Unternehmen während der Krise schnell, unbürokratisch und treffsicher zu helfen, da die Corona-Wirtschaftshilfen zu komplex und unübersichtlich seien. Sie unterstützte den Entschließungsantrag (1789/A(E)) ihrer Fraktion nach einer transparenten Evaluierung der Treffsicherheit der COVID-19-Wirtschaftshilfen unter Einbindung unabhängiger ExpertInnen. Wichtig sei es, für künftige Krisen die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen, meinte Doppelbauer. Die NEOS-Mandatarin erhielt Unterstützung von SPÖ-Abgeordnetem Christoph Matznetter, der einmal mehr die aus seiner Sicht völlig intransparente Konstruktion der COFAG kritisierte und ankündigte, dass die Opposition bei diesem Thema nicht lockerlassen werde. ÖVP-Abgeordneter Christoph Zarits meinte hingegen, die Opposition nehme die Kontrollmöglichkeiten der COFAG unverständlicherweise nicht wahr. Sein Vertagungsantrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen angenommen.

Ein FPÖ-Entschließungsantrag (785/A(E)) zur Einrichtung eines Gemeindeeinnahmenausgleichsfonds in der Höhe von mindestens 2 Mrd. € will die Finanzierung der Gemeindeaufgaben sicherstellen. Wie auch im letzten Budgetausschuss vertagten die Regierungsparteien den Antrag mit der Begründung, dass sich die Situation deutlich verbessert habe. Dagegen warnte Erwin Angerer (FPÖ) wegen der zu befürchtenden dramatischen Einnahmenrückgänge auf Gemeindeebene im Gefolge der Corona-Pandemie und beanstandete die aktuellen Hilfspakete.

Dasselbe Schicksal widerfuhr dem Antrag der SPÖ auf Erhöhung des Frauenbudgets, worin eine Erhöhung des Budgets für Frauen und Gleichstellung von derzeit 14,65 Mio. € auf 30 Mio. € gefordert wird (1041/A(E)). Gerade Frauen seien in der Pandemie noch stärker gefordert als Männer, zumal sie einen großen Teil der Krisenlast zu tragen hätten, unterstrich Selma Yildirim (SPÖ) die Forderung ihrer Fraktion in dem bereits zweimal vertagten Entschließungsantrag. Zudem seien die im Gewaltschutzpaket angekündigten 26,4 Mio. € bei Weitem nicht genug, um den Bedarf der Beratungseinrichtungen zu decken, meinte die SPÖ-Abgeordnete. Die letzte Zeit habe gezeigt, wie dringend hier Maßnahmen zum Schutz von Frauen und Kindern seien. ÖVP und Grüne verwiesen einmal mehr auf die erfolgten Erhöhungen im Frauenbudget 2020 und 2021 und begründeten damit die Vertagung. Für das kommende Budget verhandle man über weitere Erhöhungen, betonte Jakob Schwarz (Grüne).

Euro-Krisenländer im 2. Quartal 2021 – Trotz Pandemie nur geringes Ausfallsrisiko

Die kumulierten Zinseinnahmen Österreichs aus den bilateralen Darlehen für Griechenland lagen zum Stand vom 2. Quartal 2021 bei 114,3 Mio. €, informiert der Finanzminister in einem Bericht und teilt darüber hinaus mit, dass Griechenland Mitte Juni eine Tilgungszahlung von ca. 13,99 Mio. € an Österreich geleistet hat (68/BA). Damit sind laut BMF noch 1,51 Mrd. € an ESM-Darlehen an Griechenland über die Maßnahmen nach dem Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz ausständig. Der gesetzlich relevante Stand der österreichischen Haftungen für die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) betrug zum Ende des 2. Quartals 2021 rund 9,27 Mrd. € für Kapital. In Summe beliefen sich die Haftungen (für Kapital plus Zinsen, inklusive Übergarantien) des Bundes für Finanzierungen der EFSF auf rund 10,43 Mrd. €.

Auch für den ESM wurden drei Berichte zur Post-Programm-Überwachung vorgelegt. Konkret geht es darin um Spanien, Zypern und Griechenland (69/BA). Auch hier gebe es trotz starker Auswirkungen der Pandemie nur ein geringes Ausfallsrisiko, heißt es seitens des Finanzressorts. Finanzminister Blümel sah darin die Bestätigung, dass die Maßnahmen gegriffen haben. Er vertrete weiterhin die Auffassung, dass die Fiskalregeln, die während der Krise gelockert wurden, wieder strikter gehandhabt werden müssten, sagte der Finanzminister.

Die Berichte wurden mehrheitlich, ohne die Stimmen der Freiheitlichen, zur Kenntnis genommen. (Schluss Budgetausschuss) sox/gla

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums .

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