Finanzminister Brunner will neue EU-Geldwäschebehörde nach Wien holen

Rege Diskussion zu Inflationsentwicklung im Finanzausschuss

Der Finanzausschuss diskutierte mit Finanzminister Magnus Brunner über eine Reihe von Berichten etwa zu aktuellen EU-Vorhaben im Finanzbereich und zur Inflationsentwicklung, zur Nationalen Finanzbildungsstrategie, dem Glücksspiel sowie über den Stand internationaler Entwicklungsfonds.

Österreich bewirbt sich um den Sitz der neuen EU-Geldwäschebehörde (AMLA) und will diese nach Wien holen, betonte Brunner. Für das Jahr 2023 steht die Förderung von Wachstum und Beschäftigung ebenso im Fokus EU-Vorhaben im Finanzbereich wie die Unterstützung der Ukraine, informierte Finanzminister Magnus Brunner die Ausschussmitglieder. Auf EU-Ebene wird die Finanzierung von Nuklearenergie strikt abgelehnt. Ebenso spricht sich das Finanzministerium gegen eine Obergrenze bei Barzahlungen aus, die Teil des Legislativpakets der Europäischen Kommission zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sind. Bei beiden Vorhaben hat jedoch die Mehrheit der Mitgliedstaaten einen anderen Zugang.

Franz Leonhard Eßl (ÖVP) bewertete die niedrige Arbeitslosigkeit in Österreich positiv, mit der Inflation zeigte er sich aber nicht zufrieden und wollte Maßnahmen setzen. Auch Finanzminister Brunner bereitet die Inflation weiterhin Sorgen. Die österreichische Teuerungsrate liege über dem EU-Schnitt, hielt er fest. Trotz schwieriger wirtschaftlicher Entwicklungen dürfte eine drohende Rezession abgewendet worden sein.

UKRAINE: ÖSTERREICH BETEILIGT SICH AN FINANZIERUNG DES WIEDERAUFBAUS

Österreich bekennt sich in der EU-Jahresvorschau zur Unterstützung der Ukraine (III-875 d.B.). Eßl brachte den Wiederaufbau zur Sprache und erkundigte sich nach der österreichischen Unterstützung. Laut Finanzminister unterstützt Österreich unterschiedliche Projekte, zudem erfolgen Stützungsmaßnahmen durch die Weltbank und den Internationalen Währungsfonds, woran sich Österreich finanziell beteiligt. Darüber hinaus interessierte sich Jakob Schwarz (Grüne) für die Energiesteuerrichtlinie der EU.

Brunner bekannte sich zur Neutralität Österreichs. Die solidarische Unterstützung der Ukraine stehe nicht im Widerspruch zu unserer Neutralität, sagte Brunner zu Christoph Matznetter (SPÖ). Die europäische Makrofinanzhilfe werde unter strengen Regeln eingesetzt und bewege sich im nicht-militärischen Bereich.

Karin Doppelbauer (NEOS) nutzte den Finanzausschuss, um sich erneut dafür einzusetzen, die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren. Fraktionskollege Michael Bernhard interessierte sich für die Einschätzung des Finanzministers zu den Russlandgeschäften der Raiffeisen Bank International (RBI). Wichtig sei, dass die RBI sich an alle Sanktionsregeln halte, betonte Brunner.

BRUNNER: GELDWÄSCHE ZURÜCKDRÄNGEN UND TROTZDEM BARGELD OHNE OBERGRENZE BEHALTEN

Die Europäische Kommission will zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung eine Barzahlungsobergrenze in Höhe von 10.000 € einführen. Jedoch wird diese Position nicht von den anderen Mitgliedstaaten geteilt. Obwohl Österreich sich massiv dagegen ausgesprochen hat, wurde eine qualifizierte Mehrheit erzielt. Daher sind wir “sozusagen untergegangen”, erörterte Brunner. Im Norden Europas gebe es einen anderen Zugang zu Bargeld. Auch bei der Nuklearenergie liegen unterschiedliche Zugänge zwischen den Mitgliedstaaten vor, so Brunner gegenüber Hermann Brückl (FPÖ).

Österreich bewerbe sich um den Sitz der neuen EU-Geldwäschebehörde (AMLA) und will diese nach Wien holen, bekräftigte Brunner auf Frage der NEOS. Dazu gebe es einen Ministerratsbeschluss. Österreich ist aber nicht der einzige Interessent, Frankfurt und Paris bezeichnete Brunner als “harte Konkurrenz”.

Nina Tomaselli (Grüne) und Christoph Matznetter (SPÖ) konnten nicht nachvollziehen, warum gegen die Barzahlungsobergrenze eingetreten werde, wenn gleichzeitig versucht wird, AMLA nach Wien zu holen. Brunner räumte den Interessenskonflikt ein, wobei sich dies nicht gegenseitig ausschließe. Bargeld sei in Österreich ein sehr wichtiges Thema. Bei Transaktionen über 10.000 € bestehe ohnedies eine Ausweispflicht, hielt er dazu fest.

RRF: FINANZMINISTER RECHNET MIT ZAHLUNGEN IM APRIL

Die Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF) soll sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten aus der COVID-Krise stärker, widerstandsfähiger, grüner, digitaler und fairer herausgehen. Österreich rechnet mit 3,8 Mrd. € an Zuschüssen, so Brunner auf Frage von Elisabeth Götze (Grüne), die sich auch für den Green Deal Industrial Plan interessierte. “Österreich ist an die Spitze der EU geklettert, was die Umsetzung der Reformen betrifft”, betonte der Finanzminister. Zahlungsanträge wurden im Dezember gestellt. Brunner rechnet mit Auszahlungen im April.

Anlässlich der kriselnden Credit Suisse machte sich Matznetter für eine gemeinsame Einlagensicherung auf europäischer Ebene stark. Aus Sicht des Finanzministers scheitert die europäische Einlagensicherung derzeit an den unterschiedlichen Zugängen von Deutschland und Italien. Der Bericht wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

ENERGIEPREISE WEITERHIN ALS HAUPTTREIBER DER INFLATION

Seit Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine Ende Februar 2022, kam es zu einem massiven Preisanstieg der Gas- und Mineralölprodukte, welcher bis heute anhält. Der Finanzausschuss diskutierte über die aktuelle Inflationsentwicklung auf Basis des 2. Inflationsberichts (III-824 d.B.). Dieser stellt die Entwicklung und Prognose der Inflation in den Vordergrund und widmet sich der Funktionsweise der Strom- sowie Gasmärkte. Zudem wurde der Kraftstoffmarkt untersucht, betonte Kai Jan Krainer (SPÖ) und trat dafür ein, den Lebensmittelbereich stärker einzubeziehen. Bei den Lebensmittelpreisen habe es in den letzten Jahren eine Stagnation gegeben, verteidigte Franz Leonhard Eßl (ÖVP) Preiserhöhungen. Der Anteil des Einkommens, der für Lebensmittel ausgegeben wurde, sei jahrelang gesunken. Laut Bericht gelten die Energiepreise weiterhin als Haupttreiber der Inflation. Zu Beginn der Krise sei es wichtig gewesen, die Kaufkraft in Österreich zu erhalten, betonte Elisabeth Götze (Grüne). Bei den Energiekostenzuschüssen sprach sich Götze dafür aus, dass diese nur ohne Preiserhöhungen für die Konsument:innen geltend gemacht werden können. Das Preisniveau der Energiemärkte liege auf einem zu hohen Niveau, kritisierte Karin Doppelbauer (NEOS) und sah die Gewinne bei Landesenergieversorgern für nicht gerechtfertigt an.

ABGEORDNETE KRITISIERTEN GEWINNMARGEN VON RAFFINERIEN

Aufgrund der Schnelllebigkeit der Inflationsentwicklung empfanden die Abgeordneten den im November 2022 veröffentlichten Bericht für bereits veraltet. Gerhard Kaniak (FPÖ) wies darauf hin, dass sich die Inflationssituation seitdem “drastisch verstärkt” habe. Kritik der Abgeordneten, insbesondere der SPÖ, galt den deutlich erhöhten Gewinnmargen von Raffinerien. Insbesondere im EU-Vergleich habe Österreich eine “überschießend hohe Inflationsrate”, hob er die negative Entwicklung hervor. “Die hohen Energiepreise schlagen nun auf alle anderen Lebensbereiche über”, so Kaniak. Die Marktpreise seien “flächendeckend erhöht” worden, wodurch auch die Gewinne ausgeweitet wurden, sagte Krainer. Die Unternehmen erhalten Energiehilfen, obwohl die Gewinnmargen steigen. Seitens der ÖVP interessierte sich Rudolf Taschner für die Inflationswirkung der beschlossenen Bundeszuschüsse.

Finanzminister Brunner erklärte Preiserhöhungen bei Raffinerien mit Kapazitätsengpässen durch die COVID-Pandemie, den Angriffskrieg auf die Ukraine sowie dem Zwischenfall in Raffinerie Schwechat. Die Gewinnmargen der Raffinerien seien gestiegen, bestätigte das Finanzministerium. Der Bericht wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

FINANZBILDUNGSSTRATEGIE VERMITTELT FINANZKOMPETENZ UND VERSTÄNDNIS FÜR FINANZIELLE ENTSCHEIDUNGEN

Mit der Finanzbildungsstrategie soll das Bewusstsein, die Finanzkompetenz und das Verständnis der Bürgerinnen und Bürger im Bereich Finanzbildung gestärkt werden, erklärte Franz Leonhard Eßl. Das Finanzbildungsgremium hat die Arbeit aufgenommen, es laufen bereits 100 Finanzbildungsmaßnahmen, hob Finanzminister Magnus Brunner hervor.

Die Finanzbildungsstrategie ziele darauf ab, frühzeitig Kompetenzen zu vermitteln, um solide finanzielle Entscheidungen zu ermöglichen und eine Überschuldung zu vermeiden, unterstrich Hermann Brückl (FPÖ). Im Rahmen der nationalen Finanzbildungsstrategie wurde ein Koordinierungs- und Kooperationsgremium mit Entscheidungs-, Aufsichts- und Beratungsfunktionen eingerichtet, das von einem Sekretariat unterstützt wird, erfährt man aus dem Bericht des Finanzministeriums (III-825 d.B.). Aus Sicht von Reinhold Einwallner (SPÖ) ist das Gremium zu umfangreich. Er trat für schlanke Strukturen ein. Für Finanzministers Brunner ist es zielführend, die Schuldnerberatung im Steuerungsgremium zu haben, wodurch die Größe des Gremiums gerechtfertigt wird. Karin Doppelbauer (NEOS) trat dafür ein, jungen Menschen durch Bildungsmaßnahmen ein besseres Geldmanagement zu ermöglichen und sie damit vor Privatkonkursen zu schützen. Der Bericht zur Finanzbildungsstrategie wurde mit breiter Mehrheit zur Kenntnis genommen. Nur die SPÖ stimmte nicht dafür.

KEINE EINIGUNG ZU GLÜCKSPIELGESETZNOVELLE IN SICHT

Österreichweit sei es gelungen, das illegale Glückspielangebot weitgehend zu unterbinden, unterstrich Andreas Hanger (ÖVP). In Wien habe sich jedoch seit der Schließung einer zuvor dominierenden Kette von Poker-Casinos ein relativ großer Markt für das illegale Pokerspiel entwickelt, berichtete Finanzminister Brunner über den Kampf gegen das illegale Glücksspiel (III-839 d.B.).

Die Arbeit der Finanzpolizei im Glückspielbereich sei mit einer hohen Gefährdungslage verbunden, stellte Kai Jan Krainer (SPÖ) dar. Sofortmaßnahmen wie Betriebsschließungen, Mitnahme und Einziehung von Geräten hätten eine bessere Wirkung auf den Markt als Strafen.

Stephanie Krisper (NEOS) setzte sich für Spielerschutz ein. Eine Novelle zum Glückspielgesetz ist aus ihrer Sicht längst überfällig. Laut Finanzminister Magnus Brunner laufen die Verhandlungen zur Glückspielgesetznovelle. Bisher sei es zu keiner Einigung zwischen den Koalitionsparteien gekommen. Der Bericht wurde mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und FPÖ zur Kenntnis genommen.

INTERNATIONALE ENTWICKLUNGSFONDS BEKÄMPFEN ARMUT UND FÖRDERN NACHHALTIGE ENTWICKLUNG

Im Ausschuss herrschte überparteiliche Einigkeit über die Sinnhaftigkeit der Zahlungen an die internationalen Entwicklungsfonds. Die Internationale Entwicklungsorganisation sei die weltweit bedeutendste multilaterale Organisation zur Bekämpfung von Armut und Förderung einer nachhaltigen Entwicklung, insbesondere in Ländern mit einem niedrigen Einkommensniveau, betonte Elisabeth Götze (Grüne). Sie zeigte sich zuversichtlich, dass die ODA-Quote (Official Development Assistance-Quote) Österreichs bald das Ziel von 0,7 % des Bruttoinlandsprodukts erreiche. Christoph Matznetter (SPÖ) schloss sich Götze an und betonte auch die Relevanz der Globalen Umweltfazilität und des Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD). Im Kampf gegen den Klimawandel werde es nicht ausreichen, wenn nur die reicheren Staaten auf Dekarbonisierung setzten. Die Verbesserung der Lebensumstände in den betroffenen Ländern sei auch entscheidend, um den Migrationsdruck zu verringern, wie Matznetter als auch Gerhard Kaniak (FPÖ) ausführten. Kaniak stellte jedoch die Frage in den Raum, ob angesichts des österreichischen Budgetdefizits “überproportionale” Zahlungen in der Höhe von “fast einer halben Milliarde” an die IFAD sinnvoll seien.

Gabriel Obernosterer (ÖVP) hielt ihm entgegen, dass auch österreichische Unternehmen von den Mitteln profitierten, was Finanzminister Brunner bestätigte. Die 433,8 Mio. € seien auf zwei Jahre aufgeteilt und Österreich liege damit im Durchschnitt der europäischen Geberländer. Zudem habe Österreich auch ein Mitspracherecht bei der Mittelverwendung, so Brunner. Der Bericht wurde mehrheitlich ohne Stimmen der FPÖ zur Kenntnis genommen (III-855 d.B.). (Fortsetzung Finanzausschuss) gla/wit

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