Leerstandsabgabe: Bundesrat besiegelt Verfassungsnovelle

Digitalisierungsagenden wandern vom Finanzministerium ins Bundeskanzleramt

Eine verfassungsrechtliche Kompetenzänderung soll den Ländern bei der Abgabe für leerstehende Wohnungen mehr Spielraum einräumen. Mit der mehrheitlich heute im Bundesrat besiegelten Verfassungsnovelle wird daher “die Erhebung öffentlicher Abgaben zum Zweck der Vermeidung der Nicht- oder Mindernutzung” von Wohnungen in die Zuständigkeit der Länder übertragen. Auch eine ergänzende Änderung des Finanzausgleichsgesetzes hat die Länderkammer mit Mehrheit befürwortet. Ein in der Sitzung eingebrachter Entschließungsantrag, mit dem die SPÖ “einen echten und sofortigen Teuerungstopp für die eigenen vier Wände und mehr Gerechtigkeit im österreichischen Steuersystem” fordert, blieb in der Minderheit und wurde abgelehnt.

Darüber hinaus haben die Bundesrät:innen auch für eine Verschiebung der Digitalisierungsagenden vom Finanzministerium ins Bundeskanzleramt mit Mehrheit grünes Licht gegeben. Damit kann Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm mit 1. Mai die Zuständigkeit für diesen Bereich übernehmen.

Im Zusammenhang mit den am Beginn der Tagesordnung von Arthur Spanring (FPÖ/N) geforderten Ordnungsrufen für Korinna Schumann (SPÖ/W) und Marco Schreuder (Grüne/W) für beleidigende und die NS-Zeit verharmlosende Zwischenrufe in der letzten Bundesratssitzung gab Bundesratspräsidentin Margit Göll bekannt, dass das stenografische Protokoll geprüft worden sei. Es sei in keinem Fall eine Verharmlosung der NS-Zeit beabsichtigt gewesen. Sie bat dennoch insgesamt mit der Wortwahl sensibel und ein Vorbild zu sein.

VERFASSUNGSNOVELLE ZUR LEERSTANDSABGABE UMSTRITTEN

Bei der verabschiedeten Verfassungsnovelle zur Übertragung der Leerstandsabgabe in die Länderkompetenz geht es auch um Zweitwohnsitze. Außerdem stellt eine ergänzende Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes sicher, dass die Länder auch dann Leerstandsabgaben einheben dürfen, wenn der Bund ähnliche Steuern beschließt.

Aus Sicht von Klemens Kofler (FPÖ/N) stellt die Leerstandsabgabe allerdings einen bedenklichen Eingriff ins Eigentumsrecht dar. Es sei außerdem nur ein “kläglicher Versuch”, leistbares Wohnen zu ermöglichen. Definiert seien zudem weder, wie der Leerstand bemessen werde, noch, wer diesen kontrolliere. Markus Leinfellner (FPÖ/St) meinte, man sollte sich vielmehr über Remigration Gedanken machen, dann gebe es wieder Wohnungen genug. Außerdem treffe die Leerstandsabgabe auch jene, die aus unterschiedlichen Gründen gar nicht vermieten könnten. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) ortet bereits bei den bestehenden Zweitwohnsitzabgaben unterschiedliche Definitionen und Ausnahmen. Selbiges sei auch bei der Leerstandsabgabe zu befürchten. Aus seiner Sicht stelle die Vorlage insgesamt “keine legistische Meisterleistung” dar, weil etwa auch Abgrenzungsprobleme aufgeworfen würden. Außerdem entspreche beispielsweise die Grundsteuer de facto bereits einer Leerstandsabgabe.

Aus Sicht von Sascha Obrecht (SPÖ/W) wiederum ist es ungenügend, dass die Kompetenz für eine Leerstandsabgabe auf die Länder abgeschoben werde. Insgesamt setze sich die Bundesregierung zu wenig in der Wohnpolitik ein, etwa gegen befristete Mietverträge, beim gemeinnützigen Wohnbau oder hinsichtlich eines Mietpreisstopps. Die Bilanz der Bundesregierung sei vielmehr eine Steuersenkung für Konzerne, kritisierte Obrecht.

Durch die vorliegende Kompetenzverschiebung hin zu den Ländern würden diese mehr Handlungsspielraum bei der Einhebung der Leerstandsabgabe erhalten, unterstrich Klara Neurauter (ÖVP/T). Die Verschiebung mache Sinn, weil unterschiedliche Regionen unterschiedliche Bedürfnisse hätten und es unterschiedliche Gründe für Leerstand gebe. Zudem würden damit kompetenzrechtliche Schwierigkeiten beseitigt. Insgesamt kurble die Bundesregierung mit ihrem Bau- und Wohnpaket die Wirtschaft an und sorge für leistbares Wohnen, so Neurauter.

Die nunmehrige Übertragung der Kompetenzen zur Leerstandsabgabe sieht Elisabeth Kittl (Grüne/W) als nächsten wohnungspolitischen Meilenstein nach der “Abschaffung der Maklergebühren”. Die Leerstandsabgabe mache Wohnen günstiger, zudem könne damit gegen spekulativen Leerstand vorgegangen werden. Den Gemeinden bringe sie Einnahmen, die diese wieder für leistbares Wohnen einsetzen könnten. Gestoppt werden könne mit der Nutzung der leerstehenden Wohnungen zudem die Bodenversiegelung, meinte Kittl.

Künftig können die Länder selbst eine Leerstandsabgabe einheben, hielt auch Verfassungsministerin Karoline Edtstadler fest. Mit dem Wohn- und Baupaket der Bundesregierung werde insgesamt die Konjunktur angekurbelt, leistbares Wohnen geschaffen und dem Klimaschutz Rechnung getragen.

GRÜNES LICHT FÜR NOVELLIERUNG DES BUNDESMINISTERIENGESETZES

Bei der Novellierung des Bundesministeriengesetzes ist neben der Übertragung der Digitalisierungsagenden ins Bundeskanzleramt neu, dass die jeweiligen Regierungsmitglieder künftig im Bundesgesetzblatt verlautbaren müssen, ab welchem Zeitpunkt ein ihnen zugeordneter Staatssekretär bzw. eine ihnen zugeordnete Staatssekretärin mit welchem Aufgabenbereich betraut wurde.

Christoph Steiner (FPÖ/T) kritisierte, dass noch nie eine Bundesregierung in Österreich so oft das Ministeriengesetz geändert habe wie diese. Er rechnete außerdem vor, dass es bisher bereits 17 Regierungsumbildungen seit 2020 gegeben habe. Matthias Zauner (ÖVP/N) wiederum erörterte, dass der Punkt zur Transparenz der Aufgaben der Staatssekretär:innen durch ursprüngliche Initiativen der Bundesräte Sascha Obrecht (SPÖ/W) und Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) zustande gekommen sei. Er werte es als gutes Zeichen, wenn ein Anstoß aus dem Bundesrat aufgenommen werde und auch, dass ein Oppositionsanliegen zu einem gemeinsamen Antrag geführt habe. Zur Kompetenzverschiebung betonte er, dass es zu keinem zusätzlichen organisatorischen Aufwand kommen werde. Die Aufgaben seien bei Staatssekretärin Plakolm gut aufgehoben, zeigte er sich überzeugt.

Auch Sascha Obrecht (SPÖ/W) und Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) wiesen zum Punkt der Transparenz betreffend Staatssekretär:innen auf ihre Anträge dazu hin, zumal erfreulich sei, dass der Vorschlag aufgenommen worden sei. Formal sei dann zwar ein Allparteienantrag ausgearbeitet worden, so Arlamovsky. Es freue ihn aber, dass Transparenz und Rechtsstaatlichkeit damit verstärkt werden.

Marco Schreuder (Grüne/W) dankte seinen beiden Vorrednern für die Initiative und bezeichnete es als absolut sinnvoll, dass die Betrauung der Staatssekretär:innen verlautbart werden soll. Dass Plakolm jetzt die Aufgaben vom vorherigen Staatssekretär Florian Tursky übernehme, sehe er als eine sehr pragmatische Lösung. Grundsätzlich habe sich ein Staatssekretariat für Digitalisierung als Querschnittsmaterie sehr bewährt. (Fortsetzung Bundesrat) mbu

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