Welttag des Buches: Der Buchkultur der Orden auf der Spur

1995 erklärte die UNESCO den 23. April zum Welttag des Buches – Anlass genug, um den Bücherschatz, der in den österreichischen Ordensbibliotheken lagert, näher unter die Lupe zu nehmen.

Wer an eine Ordensbibliothek denkt, hat zumeist prachtvolle, weitläufige Barockräume vor seinem geistigen Auge. Tatsächlich verfügen manche Ordenshäuser, vor allem die großen Stifte, über repräsentative Bibliotheksräume aus verschiedenen Epochen mit über 100.000 Bänden – beispielsweise das Stift Admont, das Stift Melk oder das Kärntner Stift St. Paul. Es gibt aber auch zahlreiche kleinere Ordensbibliotheken, die nur ein paar hundert oder tausend Bände beinhalten. Da sie oft eine sorgfältig gewählte Sammlung einer oder mehrerer Spezialgebiete darstellen, bilden auch sie einen wichtigen Teil der österreichischen Kulturgeschichte ab.

In Summe wird der Bestand aller in den rund 200 österreichischen Ordensbibliotheken aufbewahrten Bücher auf über 4,5 Millionen Bände geschätzt. Davon zählt rund die Hälfte zum besonders wertvollen Altbestand – also Bücher, die vor 1900 erschienen sind. Sie unterliegen unabhängig von ihrem Zustand dem Denkmalschutz, der sicherstellen soll, dass diese Bücher für die Nachwelt erhalten bleiben.

ÄLTESTES BUCH ÖSTERREICHS IN ORDENSOBHUT

Da passt es ganz ins Bild, dass auch das älteste Buch Österreichs in einer Ordensbibliothek zu finden ist. Es ist der frühmittelalterliche Ambrosiuscodex aus dem 5. Jahrhundert, der in der Benediktinerabtei St. Paul im Lavanttal aufbewahrt wird. Er gilt als das erste illuminierte Manuskript Europas und ist zugleich das älteste gebundene Buch. Wie viele historische Bücher besteht auch der Ambrosiuscodex aus verschiedenen Materialien aus unterschiedlichen Epochen. Nach St. Paul gelangte das Buch erst im frühen 19. Jahrhundert: Nach der Säkularisation des Klosters St. Blasien im Schwarzwald 1809 wurde es von Mönchen nach St. Paul in Kärnten gebracht, wo es sich bis heute befindet.

Neben diesem Kulturschatz ersten Ranges beherbergen die Ordensbibliotheken auch zahlreiche weitere Werke von höchster Güte. Allein in der Bibliothek des Stiftes St. Paul werden neben dem ältesten Buch Österreichs auch das erste Druckerzeugnis Johannes Gutenbergs und Texte großer Poeten wie Goethe, Schiller oder Heinrich Heine aufbewahrt.

KOMMEN – SEHEN – STAUNEN

„Der Tag des Buches ist ein willkommener Anlass, um eine der zahlreichen österreichischen Ordensbibliotheken zu entdecken und vor Ort in die Buchkultur der Orden einzutauchen“, macht Karin Mayer, Leiterin des Bereichs Kultur und Dokumentation der Österreichischen Ordenskonferenz, Lust auf einen Ausflug in ein Kloster und fügt hinzu: „Ordensbibliotheken sind ein sichtbarer Ausdruck der Wissenskultur einer Ordensgemeinschaft und der Verbindung von Wissenschaft und Glaube!“

ZUNEHMENDE HERAUSFORDERUNGEN FÜR ORDENSHÄUSER

Die Pflege und Bewahrung all dieser Kulturschätze stellt nicht nur eine große Verantwortung für die Ordenshäuser dar, sondern wird für sie auch immer mehr zur Herausforderung. Die Gründe dafür reichen vom überdurchschnittlich hohen Anteil an alten Buchbeständen über den zunehmenden Schädlingsbefall aufgrund des Klimawandels bis hin zur rückläufigen Anzahl an Ordensmitgliedern. Trotz all dieser Widrigkeiten setzen die Ordensleute viel daran, um die mit dem Besitz verbundenen Pflichten engagiert und zuverlässig zu erfüllen. Das drückt sich ganz besonders in verschiedenen Projekten aus, die etwa das Schädlingsmonitoring zum Inhalt haben, Akzente bei der Bestandspflege setzen, die Restaurierung einzelner Stücke betreffen oder die elektronische Erfassung des Bestandes zum Ziel haben.

ONE PERSON LIBRARIES

Waren es in der Vergangenheit ausschließlich Ordensleute, die sich um die Betreuung „ihrer“ Bibliothek gekümmert haben, macht der strukturelle Wandel in der Kirche und in den Orden mittlerweile oft die Anstellung von Fachpersonal notwendig. Zumeist kümmert sich nur eine Person um alle Aufgaben, die in der Bibliothek anfallen, sei es die Pflege der Bücher und des Bibliotheksraums, die Erfassung der Bücher in Listen bzw. Katalogen, die Betreuung von Benutzeranfragen oder die Verwaltung von Neuankäufen, Schenkungen und Buchnachlässen. Dass diese Fülle an Aktivitäten die Arbeitskraft einer Person oft übersteigt, ist nur allzu verständlich.

Umso wichtiger ist in diesem Zusammenhang die Vernetzung der Ordensbibliothekar:innen. Hier bietet der Bereich Kultur und Dokumentation der Österreichischen Ordenskonferenz wertvolle Hilfe: Die dort angesiedelte Arbeitsgemeinschaft Ordensbibliotheken veranstaltet jährliche Treffen, unterstützt beim Austausch über Probleme, bietet mögliche Lösungsansätze und fördert die Informationsweitergabe. Manche Ordensbibliotheken sind darüber hinaus auch in der Kommission für Theologische Spezialbibliotheken der Vereinigung österreichischer Bibliothekarinnen und in der Bibliothekaren Arbeitsgemeinschaft Katholisch-Theologischer Bibliotheken vertreten.

BESTANDSÜBERSICHT VIA INTERNET

Wurden in der Vergangenheit in den meisten Ordensbibliotheken Zettelkataloge geführt, in denen die vorhandenen Bücher erfasst waren, geht man inzwischen immer mehr zur elektronischen Erschließung der Bestände über. Eine gute Möglichkeit dazu wurde mit einem Online-Katalogisierungsprogramm geschaffen, das von der Österreichischen Ordenskonferenz in Zusammenarbeit mit der Bibliothek der Erzabtei St. Peter in Salzburg und dem Leitungsteam der ARGE Ordensbibliotheken entwickelt wurde. Der „Katalog der Ordensbibliotheken“ (kurz KOBi) ist über die Website https://kobi.ordensgemeinschaften.at erreichbar und beinhaltet den Bestand einiger wichtiger Ordensbibliotheken. Weitere teilnehmende Bibliotheken stehen bereits in den Startlöchern.

Sonja Führer, Leiterin der Bibliothek der Erzabtei St. Peter und Gründungsmitglied von KOBi, ist vom Mehrwert der Plattform überzeugt: „Der Welttag des Buches lädt auch dazu ein, der vielfältigen Buchkultur österreichischer Orden auf die Spur zu kommen. Kostenfrei kann man via Internet eine wenig bekannte Seite gelebter Religiosität entdecken.“

BIBLIOTHEKSAUFLÖSUNGEN UND PLATZMANGEL

Aufgrund der Zusammenlegung von Ordensprovinzen kommt es mitunter vor, dass Orden eine Niederlassung aufgeben oder aus Österreich abwandern. Ist an dem aufgegebenen Standort eine Ordensbibliothek vorhanden, wird primär versucht, die Buchbestände vor Ort zu belassen. Ist dies nicht möglich, kann eine Abgabe an andere kirchliche Institutionen erfolgen. Schlägt auch das fehl, werden die Kulturgüter in letzter Konsequenz an eine nicht-kirchliche Institution wie eine Universitäts-, Landes- oder kommunale Bibliothek übergeben.

Wenn Bibliotheken aufgelassen werden und an anderer Stelle unterkommen müssen, führt das dort gelegentlich zu Platzmangel. Das macht es zwingend notwendig, den Bestand zu durchforsten und mehrfach vorhandene Medien, sogenannte Dubletten, auszusortieren. Dafür gibt es spezielle Strategien, die am besten bereits vor dem Auftreten von Platzproblemen angewendet werden sollten. Dass das Aussortieren von doppelt vorhandenen Büchern nicht so einfach ist wie man meint, hängt unter anderem mit den Bestimmungen des Denkmalschutzes und den innerkirchlichen Richtlinien zusammen, die von den Ordensbibliothekar:innen zu berücksichtigen sind. Um sich diesbezüglich fortzubilden und von Erfahrungen anderer zu profitieren, finden regelmäßig Austauschtreffen statt, die von der Österreichischen Ordenskonferenz organisiert werden.

FOTODOWNLOAD: www.ordensgemeinschaften.at

Österreichische Ordenskonferenz
Markus Lahner
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